Süddeutsche Zeitung

Anschlag auf Kopten:Polizei identifiziert Selbstmordattentäter

Verwirrende Ermittlungen: Zuerst erklärte die ägyptische Polizei, es fehle die Leiche des Selbstmordattentäters vom Anschlag in Alexandria. Inzwischen fand man seinen Kopf.

Die ägyptische Polizei hat den Kopf eines asiatischen Mannes gefunden, der den Anschlag auf die Kirche in Alexandria verübt haben soll. Aus Sicherheitskreisen in Kairo hieß es am Dienstag, bei dem Mann, der langes Haar habe, handele es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um den Attentäter, der in der Silvesternacht vor dem Gotteshaus eine Bombe gezündet hatte.

Am Dienstag starben zwei Christen, die das Blutbad zunächst überlebt hatten, an den Folgen ihrer Verletzungen. Damit erhöht sich die Zahl der Opfer auf 23. Insgesamt 20 Tote wurden bislang identifiziert. Die Gerichtsmedizin arbeitet aber noch an der Identifizierung weiterer Leichenteile.

Zuvor war der Stand ein anderer: Es fehlten die Reste eines Attentäters, hieß es. Die 20 Toten, deren Identität bis zu diesem Dienstag festgestellt wurde, waren nach Angaben aus Sicherheitskreisen alle koptische Christen.

Ein Sprengstoffexperte der Polizei hatte bereits kurz nach dem Anschlag erklärt, er glaube nicht, dass die Explosion von einem Selbstmordattentäter ausgelöst worden sei. Die Bombe sei vor der Kirche in einem grünen Auto versteckt gewesen, das von mehreren Augenzeugen beschrieben worden sei.

Das Auto und ein Mann, der neben dem Wagen stand und mit einem Handy telefonierte, taucht in den Aussagen mehrerer Gottesdienstbesucher und Polizisten auf, die zum Zeitpunkt des Anschlags vor der Kirche gestanden hatten. Die Protestaktionen von Christen gegen den Anschlag gingen derweil weiter.

Nachdem es am Montagabend zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen war, blieben die Demonstrationen am Dienstagabend weitgehend friedlich. An einigen Demonstrationszügen beteiligten sich auch Muslime. An der islamischen Al-Azhar-Universität in Kairo versammelten sich etwa 2000 Studenten. Sie riefen: "Ich bin Muslim und ich lehne dies ab" und "Wir sagen nein zu denjenigen, die Ägypten in Brand setzen wollen".

Die Polizei verstärkte unterdessen die Sicherheitsvorkehrungen rund um die größeren Kirchen des Landes. Die koptisch-orthodoxen Christen feiern am 7. Januar das Weihnachtsfest. Vor einem Jahr hatte ein Extremist in der Weihnachtsnacht in der oberägyptischen Ortschaft Naga Hammadi nach dem Gottesdienst sechs Christen und einen muslimischen Polizisten erschossen.

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dpa/liv/odg/ehr
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