Süddeutsche Zeitung

Anschlag auf Berliner Weinachtsmarkt:LKA warnte vor Anschlag des Berliner Attentäters Amri

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Das nordrheinwestfälische Landeskriminalamt warnte schon im März 2016 vor einem Anschlag des Islamisten Amri, der im Dezember desselben Jahres zwölf Menschen auf einem Berliner Weihnachtsmarkt tötete. Das geht aus einem vertraulichen Schreiben an das Innenministerium in Düsseldorf hervor, berichtet die Bild am Sonntag.

In dem Schreiben heißt es demnach, dass nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen damit zu rechnen sei, "dass durch den Amri eine terroristische Gefahr in Form eines (Selbstmord-)Anschlages ausgeht." Deshalb schlug das LKA vor, seine Abschiebung anzuordnen ("gemäß § 58a AufenthaltG").

Als Beleg für Amris Gefährlichkeit diente den Ermittlern laut dem Blatt unter anderem ein überwachter Chat vom 2. Februar 2016. Darin kündigte Amri an, in Deutschland "eine Schwester" heiraten zu wollen. Als sein Chatpartner nicht verstand, benutzte er den Begriff "Dougma" - nach Angaben der LKA-Beamten eine "Metapher für einen Selbstmordanschlag".

Die Abschiebung wurde allerdings nie angeordnet. Das NRW-Innenministerium kam zum Ergebnis, dass eine Abschiebung rechtlich nicht durchsetzbar sei. Auch nach dem Anschlag hatte Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) mehrmals gesagt, es sei rechtlich nicht möglich gewesen, eine Abschiebung anzuordnen. Die neuen Details könnten Jäger weiter unter Druck bringen. Er soll am Mittwoch vor dem Untersuchungsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags aussagen.

Der Chef der CDU in Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, sagte dem Blatt: "Diese neuen Enthüllungen sind dramatisch." Jäger sei "ein Sicherheitsrisiko für die Menschen in ganz Deutschland". Der stellvertretende Chef der FDP im Landtag, Joachim Stamp, forderte Jäger zum Rücktritt auf. "Dieser Vermerk ist der klare Beleg, dass im Verantwortungsbereich von Innenminister Jäger versagt wurde." Doch verweigere dieser eine Fehleranalyse.

Amri hatte am 19. Dezember einen Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche gesteuert und zwölf Menschen getötet. Zuvor hatte er sich fast anderthalb Jahre lang in Deutschland aufgehalten. Er nutzte mehr als ein Dutzend gefälschte Identitäten, wurde als Gefährder eingestuft, von der Polizei observiert und sogar kurz in Abschiebehaft genommen. Und doch konnte er den schwersten islamistischen Terroranschlag in Deutschland verüben.

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