Anschläge in Düsseldorf:So erfuhr Saleh A. von den Anschlägsplänen in Düsseldorf

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Ein Verdächtiger wird am Donnerstag von zwei Polizisten zum Bundesgerichtshof nach Karlsruhe gebracht. Er soll einen Anschlag in Düsseldorf geplant haben. (Foto: Uli Deck/dpa)
  • Die drei am Donnerstag festgenommenen mutmaßlichen Terroristen planten offenbar einen Anschlag in der Innenstadt von Düsseldorf.
  • Bei der Vernehmung vor dem Bundesgerichtshof machen sie keine Aussage. Jetzt sitzen die drei Männer in Untersuchungshaft.
  • Den Angaben des in Frankreich inhaftierten Saleh A. zufolge waren insgesamt zehn Personen für den Anschlag in Düsseldorf vorgesehen.
  • Den Auftrag für den Angriff soll Salah A. in Raqqa erhalten haben.

Von Georg Mascolo, Düsseldorf

So etwas gibt es auch beim Bundesgerichtshof nicht alle Tage - die vergangenen 24 Stunden waren ein echter Marathon. Gleich drei Verdächtigte wurden dem Ermittlungsrichter vorgeführt, stets begleitet von bewaffneten Polizisten und einem Ermittler des Generalbundesanwalts.

Die drei mutmaßlichen Anhänger des sogenannten Islamischen Staates (IS) waren am vergangenen Donnerstag nach monatelanger Observation verhaftet worden. Sie stehen im Verdacht, Teil einer Terror-Zelle gewesen zu sein, die einen Anschlag in der Düsseldorfer Altstadt plante.

Von den Vernehmungen erhofften sich die Ermittler weiteren Aufschluss darüber, ob tatsächlich ein vom IS in Auftrag gegebenes Attentat in Deutschland verhindert werden konnte. Aber alle drei schwiegen, niemand legte ein Geständnis ab. Auch bestritt keiner von ihnen die Vorwürfe. Der Ermittlungsrichter ordnete in allen Fällen Untersuchungshaft an.

Saleh A. ist nach zwei Jahren in unterschiedlichen Unterkünften "müde"

Das Schweigen der drei in Brandenburg, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen verhafteten Männer macht die Wahrheitsfindung nicht einfacher. Bisher beruhen die Ermittlungen auf den Angaben des syrischen Staatsangehörigen Saleh A., der sich am 1. Februar morgens um 9.30 Uhr der französischen Polizei im 18. Pariser Arrondissement stellte.

Er befürchte, dass der Auftrag für einen Anschlag in Düsseldorf unmittelbar bevorstehe, er sei einer der Anführer einer Terror-Zelle und erwarte jeden Moment den Einsatzbefehl, gab der Syrer zu Protokoll. Deshalb wolle er nun reden, seine Tochter solle keinen Terroristen zum Vater haben. Auch sei er nach zwei Jahren in unterschiedlichen Flüchtlingscamps und Unterkünften "müde". Seit dem 26. März 2015 war Saleh A. in einer Unterkunft in Kaarst nahe Düsseldorf gemeldet. Von hier aus hatte er sich per Mitfahrzentrale auf den Weg nach Frankreich gemacht.

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Nach Paris war Saleh A. mit zwei weiteren Personen gereist, einer von ihnen war der am Donnerstag verhaftete Hamza C., angeblich der zweite Kopf der Terror-Zelle. In seiner ersten Vernehmung erklärte Saleh A. nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR auch, warum er überhaupt nach Paris gekommen war: Man habe Geld, Waffen und Sprengstoff für den Anschlag in Deutschland beschaffen wollen.

Später relativierte er diese Erklärung, er sei falsch verstanden worden. Auch berichtete er davon, dass für den Anschlag in Düsseldorf zehn Personen vorgesehen gewesen seien. Sechs weitere würden vom IS noch geschickt, aber er kenne ihre Namen nicht. Auch in den Niederlanden würde es weitere Mitglieder der Schläfer-Zelle geben.

Saleh A. war in Damaskus im Gefängnis

Von der Glaubwürdigkeit von Saleh A. hängt nun viel ab. Kann man ihm glauben? Französische Medien berichten inzwischen, dass es in Paris daran angeblich Zweifel gibt. Seine Erklärungen klängen "gekünstelt", sogar die Hypothese, dass er ein Spion des IS sei, werde angeblich erwogen. Saleh A. soll auch ausgesagt haben, dass er in Paris nur Geld abholen wollte, weil er weiter zum Vatikan reisen wollte. Hier hätte er dann über die Aushändigung eines Videos eines entführten italienischen Paters verhandeln wollen - für 10 000 Euro sollte dann der Beweis erbracht werden, dass der Geistliche noch lebt.

Auch über seine Biografie machte Saleh A. Angaben: Zwischen November 2009 und Juli 2011 sei er wegen Beleidigung des syrischen Präsidenten in Damaskus in Haft gewesen, danach habe er sich der Freien Syrischen Armee angeschlossen, um gegen den Diktator zu kämpfen. Schließlich habe er sich einer Brigade der al-Qaida nahestehenden Dschabhat al-Nusra angeschlossen und sei schließlich ihr Sprecher geworden.

Im Herbst 2013 habe sich die Brigade dann dem IS angeschlossen, er sei aufgefordert worden, den Treueid auf den IS-Anführer Abu Bakr al-Bagdadi abzulegen. Als er sich geweigert habe, sei er mit dem Tode bedroht worden und in einer Art Umerziehungs-Lager des IS gelandet. Schließlich sei er entlassen worden und habe dem Gouverneur in Raqqa die Treue geschworen.

Abu Doujana al-Tunisi gab Auftrag für Anschlag in Düsseldorf

Den Auftrag für den Anschlag in Düsseldorf will er kurz darauf ebenfalls in Raqqa erhalten haben - von einer IS-Größe namens Abu Doujana al-Tunisi. Der Mann ist westlichen Sicherheitsbehörden gut bekannt. Nach unbestätigten Meldungen soll er vor Kurzem bei den Kämpfen um das irakische Ramadi ums Leben gekommen sein. Saleh A. sagt nun: Al-Tunisi sei sein Schwager.

Wichtig wird sein, was die weiteren Ermittlungen ergeben. Dass die drei Verhafteten alle schweigen, ist ungewöhnlich. Aber erfahrungsgemäß ist die Auswertung von Handys oft ergiebiger.

© SZ vom 04.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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