Eigentlich hatte sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock bei ihrem Amtsantritt vorgenommen, mehr Linie zu fliegen als ihre Vorgänger - vor allem des Klimaschutzes wegen. Doch erwies sich das als kaum umsetzbar. Zu viel Zeit geht verloren, wenn die ganze Delegation am Flughafen durch Sicherheitskontrollen muss. Zu unflexibel ist man, wenn Termine länger dauern, zu dicht ist der Reisekalender. Und Hintergrundgespräche mit Journalisten oder gar vertrauliche Besprechungen im Kreis ihrer Mitarbeiter sind selbst in der Business-Klasse kaum umsetzbar.
Am Mittwoch dürfte sich die Grünen-Politikerin vielleicht gewünscht haben, mit der als komfortabel und zuverlässig geltenden Qatar Airways von ihrer Reise an den Golf nach Hause nach Berlin zu fliegen. Denn die Maschine der Flugbereitschaft der Luftwaffe, ein Airbus A321 LR, blieb liegen in Doha, Katars Hauptstadt und nach Dschidda in Saudi-Arabien die zweite Station ihrer Reise.
"Unsere Maschine hat einen technischen Defekt, der uns einen Rückflug von Doha nach Berlin heute Abend nicht mehr erlaubt", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Mittwoch in Doha. Es handele sich um einen Defekt an einem Rad, der den Austausch mit einem Ersatzteil erforderlich mache. "Der Abflug der Außenministerin und der Delegation mit der reparierten Maschine nach Berlin ist nun für Donnerstagmorgen vorgesehen." Die Luftwaffe twitterte ein Bild von dem platten Reifen. Das Auswärtige Amt versuchte es mit Humor, retweetete den Beitrag und schrieb dazu: "Shit happens - wir fliegen aber trotzdem immer gerne mit Euch." Dazu gab es ein Emoji, in dem zwei Hände ein Herz formen.
Tatsächlich hatten die Luftwaffen-Crew und die Lufthansa versucht, in Doha, einem großen internationalen Drehkreuz und Heimatflughafen von Qatar Airways, das Ersatzteil zu besorgen - die Fluggesellschaft hat viele Airbus-Maschinen in ihrer Flotte. Der Versuch blieb jedoch erfolglos. Nun muss das nötige Teil aus Deutschland angeliefert werden - und die Ministerin mit ihrem Tross eine weitere Nacht in Doha verbringen.
Schon in Berlin blieb ein Regierungsflieger liegen
Sie war am Vormittag von Emir Tamim bin Hamad al-Thani, dem Herrscher des Emirats, in seinem weißen Palast an der Corniche empfangen worden. Mit dabei war auch Baerbocks Kollege Mohammed bin Abdulrahman al-Thani, der 2016 mit 35 Jahren Außenminister wurde und im März zum Premierminister aufgestiegen ist. Baerbock war gekommen, um zeitweise Verstimmungen mit dem Emirat auszuräumen, das seine Einnahmen aus dem Gasgeschäft gerne in deutsche Unternehmen investiert.
In Doha fühlt man sich seit einiger Zeit schlecht behandelt: Deutschland wolle zwar Gas kaufen, auf die in Aussicht gestellte strategische Partnerschaft aber warte man seit Langem, klagte noch vor wenigen Monaten ein hochrangiger Emissär aus Doha. Die Vereinigten Arabischen Emirate dagegen, Nachbar und Konkurrent Katars, genießen schon seit 2004 dieses privilegierte Verhältnis.
In schlechter Erinnerung geblieben ist in Katar auch der Auftritt von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) mit Regenbogen-Binde am Arm während der Fußballweltmeisterschaft. Zudem vermisst man in Doha Anerkennung für die Reformen im Arbeitsrecht, von denen Hunderttausende Gastarbeiter profitieren.
Das holte Baerbock jetzt nach, die sich am Dienstag mit Vertretern der Internationalen Arbeitsorganisation ILO getroffen und über die Entwicklungen informiert hatte. Zudem unterzeichnete sie mit dem Premier- und Außenminister eine Absichtserklärung für einen strategischen Dialog mit dem Staat Katar. Doch nach der gemeinsamen Pressekonferenz ging es statt zum Flughafen zurück zum Hotel, zwei Stunden Verzögerung standen da im Raum, es wurde noch versucht, den erst 2022 für die Bundeswehr angeschafften Flieger wieder flott zu machen - vergeblich.
Der defekte Regierungsflieger "A340" auf dem Flughafen BER in Berlin.
(Foto: Florian Gaertner/imago)Eigentlich hätte Baerbock am Montag gar nicht mit der grau lackierten Maschine losfliegen sollen, mit der die Bundeswehr sonst zumeist Soldaten in den Auslandseinsatz bringt. Der planmäßige weiß lackierte Regierungsflieger, ein älterer Airbus A340 mit VIP-Kabine und Konferenzraum, allerdings war vor ihrer Abreise ausgefallen. Hätte nicht zufällig die Ersatzmaschine mit einem anderen Auftrag schon in Berlin gestanden, hätte Baerbock schon den Flug nach Dschidda womöglich nicht antreten können. So konnte die Flugbereitschaft schnell umdisponieren.
Baerbocks saudischer Kollege Prinz Faisal bin Farhan al-Saud hat dort alle Hände voll zu tun, das Gipfeltreffen der Arabischen Liga an diesem Freitag vorzubereiten, zu dem König Salman eingeladen hat. Delegationen aus mehr als 20 Staaten waren bereits in der Stadt, als Baerbock schließlich eintraf, zwei Stunden nach dem ursprünglichen Termin. Prinz Faisal sortierte kurzerhand seinen dicht getakteten Kalender um und nahm sich eineinhalb Stunden Zeit für den Gast aus Deutschland. In Doha fiel dann am Mittwoch eben auch die Ersatzmaschine aus. Als das klar wurde, waren allerdings auch schon alle Linienflüge gestartet, mit denen es Baerbock am Mittwoch noch nach Berlin geschafft hätte.