Ankara:Russischer Botschafter in Türkei getötet

Ein Attentäter erschießt den Diplomaten in einer Kunstgalerie in Ankara.Moskau spricht von einem Terroranschlag.

Von Julian Hans, Moskau

Ein Attentäter hat am Montagabend den russischen Botschafter in der Türkei getötet. Der Angreifer gab mehrere Schüsse auf den 62-jährigen Andrej Karlow ab und schrie Parolen auf Türkisch und Arabisch. Sanitäter konnten das Leben des Diplomaten nicht retten. Nach Angaben des Bürgermeisters von Ankara, Melih Gökcek, soll es sich bei dem Angreifer um einen türkischen Polizisten handeln.

Präsident Wladimir Putin nannte die Tat einen "niederträchtigen Mord". Eine Sprecherin des Außenministeriums in Moskau sagte: "Russland wertet den Mord des russischen Botschafters in der Türkei als Terroranschlag." Er solle vor den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gebracht werden. Die Außenbeauftragte der Europäischen Union, Federica Mogherini, drückte Russland ihr Beileid aus und verurteilte das Verbrechen. Laut Berichten türkischer Medien handelt es sich bei dem mutmaßlichen Täter um einen 22-jährigen Mann aus Ankara. Auf Videoaufnahmen war zu sehen, wie ein junger Mann in Anzug und Krawatte mehrere Schüsse abgibt, mit einer Pistole gestikuliert und Parolen schreit. Augenzeugen berichteten, der Mann habe gerufen: "Wir sterben in Aleppo, ihr sterbt hier" und "Wir töten keine Frauen und Kinder in Aleppo wie ihr".

Der russische Botschafter hatte in einem Zentrum für zeitgenössische Kunst eine Ausstellung eröffnet. Wenige Minuten nach Beginn der Rede fielen die Schüsse. Die Projektile trafen den Diplomaten in den Rücken, er blieb regungslos liegen. Karlow war seit 2013 Botschafter in Ankara. Zuvor hatte er die russische Vertretung in Nordkorea geleitet.

Über das Schicksal des Täters gab es am Abend widersprüchliche Angaben. Augenzeugen berichteten, es seien weiter Schüsse gefallen. Die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu meldete, der Angreifer sei "neutralisiert" worden.

Turkish police secure the area near an art gallery where the Russian Ambassador to Turkey Andrei Karlov was shot in Ankara

Aufruhr in Ankara: Nach dem Attentat auf den russischen Botschafter sperrt die Polizei den Tatort ab.

(Foto: Umit Bektas/Reuters)

Das Attentat dürfte das Verhältnis der Türkei zu Russland erneut belasten. Vor einem Jahr hatte der Abschuss eines russischen Bombers an der syrisch-türkischen Grenze zu einer schweren Krise zwischen beiden Ländern geführt. Erst nachdem sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan im Juni bei den Hinterbliebenen des getöteten Piloten entschuldigt hatte, konnten die Spannungen abgebaut werden. An diesem Dienstag sollten sich die Außen- und Verteidigungsminister Russlands, der Türkei und Irans in Moskau treffen, um über die Lage in der syrischen Stadt Aleppo zu beraten. Das Treffen soll trotz des Attentats stattfinden, erklärte Leonid Slutsk, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses in Moskau. Unterdessen entschied der UN-Sicherheitsrat, eine Beobachtermission nach Aleppo zu entsenden. Die 15 Mitglieder des Sicherheitsrats beauftragten Generalsekretär Ban Ki-moon, Absprachen mit den Konfliktparteien zu treffen, um die Sicherheit der Mission zu gewährleisten. Die Resolution ruft die Konfliktparteien auf, für humanitäre Hilfe einen "sicheren und ungehinderten Zugang" nach Aleppo zu ermöglichen. Die Beobachter sollen den Transport der Zivilisten aus dem bisher von Aufständischen gehaltenen Teil der Stadt überwachen.

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