Anhörung von Verteidigungsminister Hagel:Obamas Vorzeige-Republikaner wankt

Senate Confirmation hearing for Chuck Hagel to be Secretary of De

Chuck Hagel: Der Ex-Senator ist vor dem US-Senat in der Defensive.

(Foto: dpa)

Im Senat überhäufen die Republikaner ihren Parteifreund Chuck Hagel mit Kritik. Dabei überrascht weniger das Ausmaß an Feindseligkeit als die schlechte Vorbereitung des 66-Jährigen. Nun bleibt offen, ob die Konservativen die Machtprobe suchen und Obamas Wunschkandidat fürs Pentagon durchfallen lassen.

Von Matthias Kolb, Washington

Dass es ein ungemütlicher Tag für ihn werden würde, wird Chuck Hagel früh bewusst gewesen sein. Noch bevor der Wunschkandidat von US-Präsident Barack Obama für das Amt des Verteidigungsministers sein Eröffnungsstatement vortragen konnte, erklärte Senator Jim Inhofe, dass er keinesfalls für Hagel stimmen könne. Der Grund: Hagels Ansichten zu Iran, Israel und zur Rolle Amerikas in der Welt seien "eine Gefahr für die nationale Sicherheit".

Als ranghöchster Republikaner im Streitkräfte-Ausschuss hätte sich Inhofe eigentlich etwas mehr um Ausgleich bemühen können, doch der Mann aus Oklahoma hat sich sein Urteil längst gebildet (nachzulesen in seinem Beitrag für die Washington Post).

Dass es Hagel, einem hochdekorierten Vietnam-Veteran und Ex-Senator aus Nebraska, bei seiner Anhörung schwerer haben werde als der neue Außenminister John Kerry, war allgemein erwartet worden - überraschend war hingegen, wie schlecht sich der 66-Jährige im Kreuzverhör schlug. Dabei braucht er eine Handvoll Stimmen aus den Reihen der Republikaner, um das nötige Quorum von 60 Stimmen zu erreichen - die Demokraten und ihre unabhängigen Verbündeten verfügen im Senat nur über 55 Sitze.

Lustlos und schlecht vorbereitet

Gewiss: Nachdem sie pflichtschuldig Hagels Einsatz als Soldat gelobt hatten, benahmen sich viele republikanische Senatoren wie "Inquisitoren im Mittelalter" (so das Urteil von Politico). Ihre kritischen Fragen waren dennoch erwartbar - und trotzdem wirkte Hagel in der gut achtstündigen Sitzung oft so lustlos und unzureichend vorbereitet, dass nicht nur Peter Beinart von The Daily Beast Vergleiche zu Obamas Performance in der ersten TV-Debatte gegen Mitt Romney zog.

Ähnlich konfrontativ wie Inhofe war auch John McCain, der wie Hagel in Vietnam verwundet wurde und einst dessen Freund war. Die beiden haben sich zerstritten, weil Hagel 2007 die von McCain vorangetriebene Aufstockung der US-Truppen im Irak nicht unterstützt hatte - und sogar vom "größten außenpolitischen Missgriff seit Vietnam" sprach. Als Obamas Kandidat nicht mit "Ja" oder "Nein" auf die Frage, ob er nun anders urteilen würde, antworten wollte, schleuderte ihm McCain entgegen: "Die Geschichte hat ihr Urteil längst gesprochen. Sie stehen auf der falschen Seite." (der Dialog im Video von ABC News)

Wie andere Republikaner arbeitete sich Lindsey Graham an Hagels Behauptung ab, es gebe in Washington eine "jüdische Lobby", die US-Politiker "einschüchtere" und diese dazu bringe, "dumme Sachen" zu beschließen. Für die Aussage hatte sich Hagel bereits entschuldigt, doch dem aggressiven Graham konnte er keine guten Argumente entgegenhalten - er musste kleinlaut eingestehen, keine Beispiele für "eingeschüchterte Politiker" oder "dumme Politik" nennen könne.

Persönliche Animositäten

Natürlich waren die Republikaner nicht daran interessiert, komplexe Sachverhalte zu diskutieren. So wurde Hagels Engagement für "Global Zero", eine Initiative zur weltweiten Abrüstung von Atomwaffen, immer wieder so ausgelegt, als wollte er einseitig das Nukleararsenal der USA abbauen und so die nationale Sicherheit gefährden. "Ihre Ansichten sind noch extremer als die der jetzigen Regierung", kritisierte Deb Fischer aus Nebraska. Ihr Ton verriet, dass sie es Hagel noch immer übel nimmt, dass er im Herbst ihren Gegner unterstützt hatte.

Diese persönlichen Animositäten haben Hagels Aufgabe erschwert, aber der 66-Jährige war selten in der Lage, seine früheren Entscheidungen eloquent zu erklären - etwa wieso er sich einst gegen unilaterale Sanktionen gegen Iran ausgesprochen hatte. Mitunter mussten demokratische Senatoren seine Aussagen präzisieren. Immer wieder ließ sich Hagel das Wort abschneiden und allzu oft sagte er, wenn er eigene Zitate kommentieren sollte: "Ich erinnere mich nicht mehr genau."

Der Multimillionär wirkte in diesen Momenten nicht unbedingt wie jemand, der Amerikas größtes Ministerium mit einem Budget von knapp 400 Milliarden Dollar sicher durch die von Einsparungen und globalen Herausforderungen geprägte Zeit führen könne. Sogar Claire McCaskill, die wie alle anderen Demokraten im Ausschuss dem Kandidaten wohlwollend entgegentrat, sagte anschließend: "Ich denke, Chuck Hagel fühlt sich wohler dabei, Fragen zu stellen."

Bei der Anhörung wurde auch deutlich, weshalb Charles Timothy Hagel bei den Neokonservativen auf solch scharfe Ablehnung stößt. Zwar betonte er mehrfach, dass sich Amerika in Bezug auf Irans Atomprogramm "alle Optionen" inklusive eines Militärschlags offenhalte (lesen Sie dazu die Aussagen von Vizepräsident Biden im SZ-Interview). Zugleich wies Hagel darauf hin, wie sehr ihn die Grausamkeiten des Vietnamkriegs geprägt haben - Amerika müsse genau überlegen, wie es seine Armee einsetze und wann es wert sei, das Leben der Soldaten zu riskieren. Militärischen Abenteuern steht Hagel ebenso skeptisch gegenüber wie Barack Obama.

Obama rechnet weiterhin mit einem Erfolg

Wird der Wunschkandidat des Präsidenten nun durchfallen? Die konservative Bloggerin Jennifer Rubin freut sich zwar über "Hagels Untergang", doch die meisten Beobachter rechnen doch damit, dass Hagel durchkommt. Chris Cillizza weist in der Washington Post darauf hin, dass die Demokraten im Streitkräfte-Ausschuss eine Mehrheit von 14 zu 12 Stimmen haben und sich bislang kein demokratischer Senator gegen Hagel ausgesprochen hat. Seine Bilanz: "Hagels Auftritt war schlecht, doch er wird letztlich keine Rolle spielen."

In der New York Times gaben anonyme Regierungsbeamte zwar zu, dass Hagel keine gute Leistung geboten habe - das Obama-Team rechne aber weiterhin mit einem Erfolg. Auch das konservative Wall Street Journal erwartet nicht, dass die Republikaner kurz vor den Verhandlungen über die Haushaltskürzungen den direkten Konflikt mit dem Weißen Haus suchen werden. Vorsicht sei dennoch angebracht, denn der Ex-Senator aus Nebraska habe an diesem Donnerstag wohl kaum einen Kritiker überzeugt. Zwei Dinge scheinen jedoch sicher: Die Abstimmung über Chuck Hagel wird zur Zitterpartie und auch im Falle seiner Bestätigung würde der neue Pentagon-Chef sein Amt geschwächt antreten.

Linktipp: Vietnam-Veteran, Multimillionär, eigensinniger Ex-Senator - ein Porträt über Chuck Hagel erschien Anfang Januar in der Süddeutschen Zeitung. In der Washington Post beschreibt Reporter-Legende Bob Woodward das Verhältnis zwischen Barack Obama und Chuck Hagel - und erklärt, wieso der US-Präsident den Republikaner als Pentagon-Chef vorschlug.

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