In einem offenen Brief haben sieben ehemalige osteuropäische Staatspräsidenten sowie mehrere Ex-Regierungschefs und -Minister an US-Präsident Barack Obama appelliert, in seiner Politik gegenüber Moskau nicht die Interessen der ehemaligen Ostblockstaaten zu vernachlässigen.
In dem am Donnerstag von der linksliberalen Warschauer Tageszeitung Gazeta Wyborcza veröffentlichten Schreiben fordern die Autoren, gegenüber Moskau einen härteren Kurs einzuschlagen.
Zu den Unterzeichnern des Briefes gehören die früheren Präsidenten Lech Walesa und Aleksander Kwasniewski (beide Polen), Vaclav Havel (Tschechien), Michal Kovacz (Slowakei), Adam Adamkus (Litauen), Vaira Vika-Freiberga (Lettland) und Emil Constantinescu (Rumänien).
In dem Schreiben heißt es, die offenbar in Washington verbreitete Ansicht, dass die Region demokratisch stabilisiert sei, sei "verfrüht". Vielmehr stünden Mittelost- und Osteuropa "am Scheideweg".
Die Unterzeichner erfülle mit großer Sorge, dass die Nato die "Vergewaltigung des Völkerrechts" durch Russland im Krieg mit Georgien im vergangenen Sommer "tatenlos hingenommen" habe. Im August 2008 waren russische Truppen in Georgien einmarschiert. Anschließend erkannte Moskau die von russischen Truppen besetzten, völkerrechtlich aber zu Georgien gehörenden Provinzen Abchasien und Südossetien als unabhängige Staaten an.
"Aus unseren Erfahrungen ergibt sich, dass eine auf Grundwerten beruhende entschiedenere Politik gegenüber Moskau nicht nur die Sicherheit des Westens stärkt, sondern auch Moskau eher zur Zusammenarbeit bewegt", heißt es in dem Brief.
Die Unterzeichner verhehlten nicht, dass sie sich stets als Freunde Washingtons verstanden und energisch den Beitritt ihrer Staaten zu den westlichen Bündnissen betrieben haben. Maßstab für die Glaubwürdigkeit Washingtons sei heute der Raketenschild, der in Polen und in Tschechien stationiert werden solle. Die Aufgabe dieses Projekts ohne Konsultation mit Warschau und Prag würde diese Glaubwürdigkeit unterminieren.
Russland sei als "revisionistische Macht" auf die Weltbühne zurückgekehrt, die ihre "Ziele aus dem 19. Jahrhundert mit Taktiken und Methoden des 21. Jahrhunderts verfolgt", warnen die Autoren.
In Kommentaren der polnischen Presse zu dem Schreiben wurde darauf verweisen, dass die Unterzeichner offenbar kein Vertrauen in die politische Kraft der Europäischen Union hätten.
Seit der Annäherung zwischen dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder und Kremlchef Wladimir Putin wird auch Berlin nicht mehr als Anwalt der neuen EU-Staaten gegenüber Moskau angesehen. Die jetzige Bundesregierung gilt als wenig handlungsfähig, da Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier in der Ostpolitik nach Meinung der Kommentatoren nicht dieselbe Sprache sprechen. Steinmeier wird mit äußerstem Misstrauen betrachtet, da er als Epigone des Putin-Freundes Schröders gilt.