Angriffe auf US-Botschaften:Vier Tote bei Demonstrationen vor US-Botschaft in Jemen

Die Proteste vor US-Vertretungen in Nahost eskalieren: Bei Demonstrationen in Jemen sterben vier Demonstranten, Dutzende werden verletzt. Ägyptens Präsident Mursi verurteilt die Gewalt, fordert die USA jedoch zu "ernsthaften Schritten" gegen den derzeit kursierenden islamfeindlichen Videofilm auf. Außenminister Westerwelle zeigt sich besorgt.

Die wütenden Proteste gegen US-Einrichtungen in der islamischen Welt nehmen immer bedrohlichere Ausmaße an. Aus Empörung über ein Schmäh-Video über den Propheten Mohammed griffen Demonstranten am Donnerstag im Jemen und Ägypten diplomatische Vertretungen Washingtons an. Die Behörden meldeten, vier Demonstranten seien getötet worden, als Wachleute die Protestierenden vor dem Botschaftsgebäude in Sanaa zurückdrängten. Mehr als 30 Menschen erlitten nach diesen Angaben Verletzungen. Zuvor waren in dieser Woche bereits vier Amerikaner in Libyen getötet worden, unter ihnen auch der US-Botschafter.

Vereinzelte Proteste wurden auch aus Afghanistan und Pakistan gemeldet. Auch in Tunesien und im Iran gingen erboste Muslime auf die Straßen. Proteste in dem von der radikal-islamischen Hamas regierten Gazastreifen blieben zunächst friedlich. Mehrere Dutzend Menschen riefen "Tod Amerika" und "Tod Israel" und verbrannten Flaggen beider Länder sowie das Foto eines Mannes, den sie für den Urheber des Videos hielten.

US-Sicherheitskreise vermuten das Terrornetzwerk al-Qaida hinter den Gewaltexzessen in Libyen. Beobachter befürchten, dass die Ausschreitungen mit dem Freitagsgebet auf weitere Länder in der islamischen Welt übergreifen. Die USA schickten am Donnerstag nach Medienberichten neben einer Einheit von Elitesoldaten auch zwei Kriegsschiffe vor die Küste Libyens. An den US-Botschaften weltweit wurden die Sicherheitsvorkehrungen weiter verschärft.

Bei der Attacke auf das Konsulat in der libyschen Küstenstadt Bengasi waren in der Nacht auf Mittwoch der Botschafter Chris Stevens und drei andere Amerikaner ums Leben gekommenen. Der neue libysche Regierungschef, Mustafa Abu Schagur, verurteilte den "feigen Angriff" auf das Konsulat in einem Interview mit Nachrichtensender Al-Arabija.

Auch Ägyptens Präsident Mursi verurteilte die Gewalt gegen US-Vertretungen. Allerdings forderte er die USA zu "ernsthaften Schritten" gegen den islamfeindlichen Videofilm auf. "Wir sind gegen jede Handlung, mit der der Islam und der Prophet Mohammed beleidigt werden soll und wir sind gegen die Beleidigung jeder Religion", sagte Mursi nach einem Gespräch mit dem EU-Ratsvorsitzenden Herman Van Rompuy in Brüssel. "Zugleich sagen wir aber deutlich, dass dies nicht als Rechtfertigung für Angriffe auf Konsulate oder Botschaften dienen kann und dass dies keine Rechtfertigung für die Tötung unschuldiger Menschen ist. Wir sind dagegen und verurteilen das."

Am Donnerstag telefonierte US-Präsident Obama mit den Präsidenten von Ägypten und Libyen, und forderte diese zur weiteren Zusammenarbeit beim Schutz des diplomatischen Personals auf. Obama habe dem libyschen Präsidenten Mohammed el Megarif für dessen Anteilnahme gedankt, teilte das Weiße Haus mit.

Westerwelle in Sorge

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat die wütenden Proteste verurteilt. "Kein noch so schlimmes Pamphlet im Internet rechtfertigt Gewalt, Mord und Totschlag", sagte er am Donnerstag in Berlin. Er forderte die entsprechenden Länder auf, den Schutz der Auslandsvertretungen sicherzustellen. Es sei wichtig, dass Diplomaten ihre Arbeit in den Gastländern ohne Angst verrichten könnten.

Auslöser der Proteste in der islamischen Welt war ein in den USA produzierter Videofilm, in dem der Prophet des Islam als Mörder, Kinderschänder und Frauenheld dargestellt wird. Der umstrittene amerikanische Pastor Terry Jones, der mit einer Koranverbrennung weltweit für Proteste gesorgt hatte, wollte den Film in den USA öffentlich zeigen.

In Kairo kam es vor der US-Botschaft erneut zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Dort wurden laut Gesundheitsministerium mehr als 70 Menschen verletzt. Die Sicherheitskräfte in Kairo setzten Tränengas ein, als Demonstranten versuchten, zu dem Botschaftsgebäude vorzudringen. In Teheran protestierten Studenten gegen den Film. Sie versammelten sich vor der Botschaft der Schweiz, die im Iran die Interessen der USA vertritt.

Ein Zusammenhang mit den weltweiten Protesten wurde zunächst auch bei einem Zwischenfall im US-Konsulat in Berlin vermutet. Das Gebäude war am Mittag teilweise geräumt worden, nachdem mehrere Menschen plötzlich über Atemwegprobleme geklagt hatten. Der Großeinsatz von Polizei und Feuerwehr wurde nach mehreren Stunden beendet. "Es wurde keine Gefahr festgestellt, darum wurde das Gebäude wieder freigegeben", sagte eine Polizeisprecherin.

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