„Schlimmer als Hitler“, so lautete vor nicht sehr langer Zeit das Urteil von Saudi-Arabiens Kronprinz und De-facto-Herrscher Mohammed bin Salman über den Obersten Führer der Iraner, über Ali Chamenei. Als in den vergangenen Tagen erst die israelischen und nun auch amerikanische Bomben auf Iran fielen, dort die Macht des Mannes bedrohen, den der Thronfolger für schlimmer als Hitler hielt, war jedoch keine Freude oder Genugtuung zu spüren im saudischen Königshaus, das die Angriffe verurteilte. Obwohl sie doch dem langjährigen Erzfeind gelten, der Saudi-Arabien zuletzt 2019 bombardierte.
Ein paar Herrscherhäuser weiter, in den Vereinigten Arabischen Emiraten, sieht man es ähnlich, läutete der Staatschef Scheich Mohammed bin Zayed noch am Dienstag beim iranischen Präsidenten durch, um ihm seine „volle Solidarität“ zu versichern. Dabei hatten die Emirate noch bis vor Kurzem voll auf die Annäherung zu Israel gesetzt, einen Normalisierungsvertrag unterschrieben. Jetzt stehen die Emirate eher auf der Seite Irans. Wie viele andere Golfstaaten auch.
Rationale Interessen zählen mehr als Freundschaften
Es geht dabei weniger um echte Freundschaft als um rationale Interessen. Saudi-Arabien und die kleineren Golfstaaten hatten Jahrzehnte unter dem aggressiven persischen Nachbarn gelitten, der die ganze Region zu seinem Einflussgebiet machen wollte – und das in Libanon, im Irak, in Syrien und in Jemen auch schaffte. Saudi-Arabien hatte anfangs versucht, in Stellvertreterkriegen die Iraner zurückzudrängen, vor allem in Jemen. Die Kriege führten aber letztlich nur zu mehr Krieg, 2019 sogar zur Bombardierung saudischer Ölanlagen. Was ein Umdenken bewirkte, vor allem bei Mohammed bin Salman, der sein neues Saudi-Arabien nicht in einem Umfeld verwirklichen kann, das von den alten Konflikten geprägt ist. Es kam zur Wiederannäherung mit Iran, auch die Emirate kamen zu dem Schluss, dass Diplomatie besser funktioniert als Krieg und Druck.
Bisher fliegen die Raketen nur über die arabische Welt hinweg, in beide Richtungen, wie in einem Tennismatch. In Libanon sind die Streifen am Himmel ein beliebtes Hintergrundbild für Videos von Hochzeiten und Partys. Das Land hat Jahrzehnte unter der von Iran finanzierten Hisbollah gelitten. Die nun genauso geschwächt ist wie das Regime in Teheran. Ähnlich geht es vielen Syrern, wo das Regime der Assads von den Iran-treuen Kämpfern am Leben erhalten wurde, bis zum Dezember 2024 jedenfalls. Nun tanzen junge Sunniten unter dem riesigen „Schwert von Damaskus“, dem Symbol der Stadt.

Krieg im Nahen Osten:USA attackieren iranische Atomanlagen
Fordo, Natans und Isfahan seien „komplett und total zerstört“, erklärt US-Präsident Trump in einer Rede an die Nation.
Es gibt sie, diese Freude, in vielen Teilen der arabischen Welt, vor allem aber gibt es die Angst, dass der Konflikt außer Kontrolle geraten könnte. Es geht um die Frage, wie sich die Mullahs rächen werden. An Zielen mangelt es nicht. Da sind die saudischen Ölanlagen, die Iran schon öfter ins Visier genommen hat. Oder die Öltanker der Emirate, die die mit Iran verbündeten Huthi bereits 2022 trafen.
Weder Saudis noch Emirate wollten die Angriffe auf Iran. Am Ende gelten beide in Teheran trotz aller Annäherung aber als Verbündete der USA. Die haben überall ihre Stützpunkte, die natürlich auch mögliche Ziele sind. In Bahrain, Kuwait, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie in Ägypten, Jordanien, Oman, Saudi-Arabien und Syrien und im Irak. In Erwartung eines Angriffs haben die USA F-22-, F-16- und F-35-Kampfjets in Stellung gebracht, dazu einen weiteren Flugzeugträger. Wenn Iran US-Truppen angreift, müssen die USA zurückschlagen. Und so weiter. Die Region stünde in Flammen. Es wäre das Gegenteil von dem, was US-Präsident Donald Trump noch vor wenigen Wochen bei seinem Besuch in Saudi-Arabien versprochen hatte: das Ende der ewigen Kriege, das Ende der Einmischung.
Selbst wenn die Eskalation ausbleibt und Teheran es bei einigen symbolischen Gegenschläge belässt, ist die Region nach den Angriffen von Israel und den USA eine andere. Staaten wie die Emirate und Saudi-Arabien wollten die Beziehungen zu Israel verbessern, die alten Kriege zu Grabe tragen. Sie sehen nun aber ein Israel, das nur auf Krieg setzt: in Gaza, im Westjordanland, in Syrien, Libanon, Jemen und nun Iran. Alle Bedenken der arabischen Staaten wurden ignoriert. Diese fragen sich nun, ob Iran nun erst recht die Atombombe anstrebt, weil es diese als einzige Möglichkeit sieht, sich vor weiteren Angriffen zu schützen.
Dazu kommt die Frage, wie weit die USA und Israel noch gehen werden. Geht es nur um das Atomprogramm oder darum, das ganze Regime zu stürzen? Der Irak und Libyen haben gezeigt, dass die Lage in einem Land nicht unbedingt besser wird nach dem Sturz einer Diktatur durch militärische Eingriffe von außen.