Die Bundesregierung schränkt die Waffenexporte in die Türkei ein. "Vor dem Hintergrund der türkischen Militäroffensive in Nordost-Syrien wird die Bundesregierung keine neuen Genehmigungen für alle Rüstungsgüter, die durch die Türkei in Syrien eingesetzt werden könnten, erteilen", sagte Außenminister Heiko Maas (SPD) der Bild am Sonntag.
Die Türkei ist der größte Abnehmer von Waffenlieferungen aus Deutschland. Der Nato-Partner hatte am Mittwoch eine Militäroffensive gegen die Kurdenmiliz YPG im Nordosten Syriens gestartet und damit eine neue Front in dem seit acht Jahren von einem Bürgerkrieg gebeutelten Land eröffnet.
Die politischen Folgen der Militäraktion sind beträchtlich. Ankara hat sich politisch isoliert. Unter anderem dringen die USA auf einen Abbruch der Offensive und drohen der Regierung Sanktionen an. "Wenn wir müssen, können wir die türkische Wirtschaft stilllegen", warnte Finanzminister Steven Mnuchin am Freitag. "Das sind sehr harte Sanktionen. Ich hoffe, dass wir sie nicht einsetzen müssen." Sie könnten "jede Person mit Verbindungen zur türkischen Regierung" treffen.
Auch Frankreich hat mittlerweile Waffenverkäufe in die Türkei gestoppt. Die türkische Militäroffensive im Nordosten Syriens gefährde die Sicherheit in Europa, warnten das französische Außen- und Verteidigungsministerium am Samstagabend in einer gemeinsamen Mitteilung. Bis zur Beendigung der Offensive habe Frankreich beschlossen, jegliche Pläne zum Export von Kriegsmaterial in die Türkei auszusetzen, das als Teil der Offensive in Syrien verwendet werden könnte, heißt es weiter. Die Entscheidung sei sofort wirksam.
Furcht vor humanitärer Krise
Die Operation dauert unterdessen an: Türkische Truppen sind in den strategisch wichtigen Grenzort Ras al-Ain eingedrungen. Das Verteidigungsministerium in Ankara meldete am Samstag auf Twitter, der Ort sei erobert worden. Dagegen erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London, türkische Streitkräfte und ihre Verbündeten seien zwar in Ras al-Ain, in dem Ort werde aber weiter gekämpft.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will mit der Militäroffensive seines Landes die Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien bis 32 Kilometer südlich der Grenze zurückdrängen. Anschließend will Erdogan in dem Grenzgebiet Flüchtlinge aus Syrien ansiedeln. Die westlichen Verbündeten des Nato-Landes befürchten wegen der Offensive eine humanitäre Krise und die Stärkung der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), die bisher von der YPG bekämpft wurde.
Mehr als 100.000 Menschen flohen seit Beginn des Angriffs aus ihren Städten, davon alleine 65.000 Bewohner von Ras al-Ain, wie das UN-Welternährungsprogramm am Samstag mitteilte. Ras al-Ain liegt an einer größeren Verkehrsader zwischen Tall Abjad im Westen und Kamischli im Osten Syriens.
Die Türkei betrachtet die Kurdenmiliz als Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und damit als Terrororganisation. Während die PKK auch in den USA und Europa auf der Terrorliste steht, waren die von der YPG angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) ein wichtiger Verbündeter der USA im Kampf gegen den IS.