Süddeutsche Zeitung

Angriff auf Südkorea:Erpressung auf nordkoreanisch

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Wenn ein Land militärisch angreift, dann spricht man üblicherweise von Krieg. Zwischen Nord- und Südkorea herrschen jedoch keine normalen Umstände. Wie der Süden eine weitere Eskalation verhindern kann.

Stefan Kornelius

Der Artillerie-Angriff Nordkoreas auf die südkoreanische Insel Yeonpyeong würde unter normalen Umständen als Kriegserklärung verstanden werden müssen.

Anders als bei der Versenkung des Kriegsschiffes Cheonan ist Nordkorea eindeutig der Urheber der Feindseligkeiten. Bei der Cheonan führte erst ein aufwändiges Indizienverfahren zu dem Schluss, dass die Korvette durch einen nordkoreanischen Torpedo versenkt wurde.

Ob Nordkorea diesen Torpedo auch abgeschossen hat, ist offen. Nun aber ist die Beweislage eindeutig. Nordkorea beschießt den Süden mit Artillerie, zwei Soldaten werden getötet, viele verletzt. Wenn ein Land ein zweites militärisch angreift, dann spricht man üblicherweise von einem Krieg.

Aber: Die Verhältnisse zwischen Nord- und Südkorea erlauben es gerade nicht, dass man von einer Kriegserklärung spricht. Normale Umstände gibt es nicht an der Grenze zwischen den beiden koreanischen Staaten. Auch wenn die Eskalation so gefährlich wie lange nicht ist: Südkorea muss nun alles tun, um die Emotionen unter Kontrolle zu halten und den Ausbruch weiterer Gefechte zu verhindern. Ein Krieg zwischen Nord- und Südkorea würde in einem Blutbad münden, die Eskalation wäre nicht zu stoppen.

Was also treibt den Norden dazu, genau dies zu provozieren? Grenzstreitigkeiten gibt es durchaus, Nordkorea erkennt die Seegrenze nicht an, die von den Vereinten Nationen gezogen wurde. Mit der Versenkung der Cheonan und dem Artillerie-Beschuss stellt Pjöngjang dies klar. Aber das wird nicht das eigentliche Motiv für den Angriff sein.

Tatsächlich deutet eine Reihe von Hinweisen darauf hin, dass Nordkorea mit seiner vielfach erprobten Methode von Erpressung, Drohung und Eskalation Ablasszahlungen aus dem Süden und aus den USA einfordern will.

Am Samstag wurde bekannt, dass Pjöngjang an einer neuen Nuklearanlage baut. Die Einrichtung wurde einem amerikanischen Experten vorgeführt, damit diese Provokation auf jeden Fall öffentlich würde. Drei Tage später hagelt es Granaten. Der Beschuss endete pünktlich nach einer Stunde. Das ist die nordkoreanische Methode, um Forderungen zu stellen: Liefert uns Energierohstoffe, liefert uns Nahrungsmittel! Hilfsorganisationen zufolge steht das Land wieder einmal vor einer Hungerkatastrophe in diesem Winter.

Diese brutale Erpressungsmethode muss endlich gestoppt werden. Die ständig zwischen Härte und Nachgiebigkeit wechselnden Stimmungen taugen vielleicht zur Analyse für einen Psychologen. Auf Dauer wird das Problem Nordkorea so nicht gelöst.

Jetzt, da offenbar auch der Führungswechsel im Norden seinen Gang nimmt, muss einmal mehr überlegt werden, ob nicht die konsequente Isolation den Zusammenbruch des Regimes auslösen könnte. Niemand, auch China nicht, will einen Krieg in Ostasien.

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