Angeschlagener FDP-Vorsitzender:Rösler lässt seine politische Zukunft offen

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Ist Philipp Rösler mürbe geworden? Der FDP-Vorsitzende lässt durchblicken, dass er nicht unbedingt seine Partei in den Bundestagswahlkampf führen will. Die Landtagswahl in seiner niedersächsischen Heimat erklärt Rösler zur persönlichen Messlatte, doch beruhigen dürfte das die Liberalen nicht.

Von Oliver Das Gupta

Der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, am 10.11.2012 in Osnabrück (Niedersachsen) bei der Landesvertreterversammlung der FDP Niedersachsen (Foto: dpa)

Die Weihnachtstage scheinen für den FDP-Vorsitzenden Philipp Rösler alles andere als entspannt verlaufen zu sein. Erst entwickelt sich sein zum nachrichtenarmen Christfest lanciertes Privatisierungspapier zum Rohrkrepierer. Dann schießt Präside und Kabinettskollege Dirk Niebel quer und stellt offen infrage, ob Rösler die maladen Liberalen als Spitzenkandidat in die Bundestagswahl führen soll.

Seit Monaten murren die Freidemokraten schon über ihren Chef, meist hinter vorgehaltener Hand, aber deutlich wahrnehmbar in Röslers Wirtschaftsministerium. Die vielen kleinen Spitzen und Demütigungen scheinen Wirkung zu zeigen, möglicherweise ist Rösler mürbe geworden. Denn zur Überraschung aller scheint Rösler noch vor dem Stuttgarter Dreikönigsparteitag am 6. Januar die Flucht nach vorne anzutreten.

Im Morgenmagazin des ZDF erklärte der Vizekanzler nun öffentlich, was unter liberalen Funktionären ohnehin schon lange als ausgemachte Sache gilt: Die Landtagswahl in Niedersachsen am 20. Januar ist die persönliche Messlatte für seine politische Zukunft geworden. Bewusst ließ Rösler offen, ob er im Falle einer Niederlage im noch schwarz-gelb regierten Niedersachsen erneut für den Bundesvorsitz kandidieren wird. "Erst mal kämpfen wir dafür, dass Niedersachsen eben nicht schiefgeht", sagte Rösler.

Rösler weicht Fragen nach Kritiker Niebel aus

Auch auf weitere Nachfragen zu einer erneuten Kandidatur für den FDP-Vorsitz im Mai antwortete Rösler lediglich: "Jetzt konzentrieren wir uns erst mal auf Niedersachsen."

Auf Niebels Äußerungen reagierte Rösler ebenfalls ausweichend - und versuchte, die Debatte um seine Amtsführung klein zu reden.

"Außer einigen wenigen beschäftigen sich die meisten in der Partei tatsächlich nicht mit dieser Frage, sondern mit der Frage, was können wir jetzt für die Kollegen in Niedersachsen tun, was steht auf Bundesebene an für das nicht ganz einfache Jahr 2013." Jeder sei "herzlich eingeladen", sich eher über die anstehenden Wahlen Gedanken zu machen als über diese Frage, sagte Rösler mit Blick auf Niebel.

Niebel gilt als parteiinterner Widersacher Röslers. Schon Anfang Dezember hatte er eine Debatte über die Führungsqualitäten des Vorsitzenden losgetreten, indem er eine Doppelspitze ins Gespräch brachte. Eine solche Zweiteilung gilt bei den Liberalen bislang aber als Tabu. Unter Röslers Führung hat die FDP bislang in fast keiner Umfrage den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde geschafft. Sie muss daher um den Wiedereinzug in den Bundestag bangen.

Die meisten Landtagswahlen in seiner Ägide gingen bislang verloren - außer denen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Dort triumphierten mit Wolfgang Kubicki ausgerechnet ein Kritiker der Parteiführung und mit Christian Lindner sein im Streit zurückgetretener Generalsekretär.

Zuletzt hatte Rösler zwar die Rückendeckung des FDP-Präsidiums bekommen. Aber auch die Beistandsbekundungen enthalten mitunter Doppeldeutigkeiten. Hessens FDP-Chef Hahn etwa betonte, er unterstütze Rösler als Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl. Er sagte aber auch, dass kurz nach der Niedersachsen-Wahl eine verbindliche Entscheidung her müsse, wer Frontmann der Kampagne wird.

"Ich bin für eine Sondersitzung des Bundesvorstandes und des Präsidiums noch im Januar", sagte Hahn - es könnte auch die Gelegenheit sein, Rösler zur Abdankung zu zwingen. Es gilt in Parteikreisen seit langem als ausgemacht, dass der Vorsitzende nicht mehr zu halten ist, sollte die FDP aus dem niedersächsischen Landtag fliegen.

Röslers Messe werde in Hannover gesungen, sagte ein FDP-Vorstandsmitglied zu Süddeutsche.de schon im Herbst mit Blick auf den Urnengang im Januar. Gerüchte um einen Putsch gegen Rösler nach der Wahl waberten schon im Sommer durch die Medien.

Brüderle bekundet Rösler Unterstützung

Als Nachfolger mit den besten Aussichten gilt Fraktionschef Rainer Brüderle, der schon lange als Schatten-Vorsitzender gilt, aber erst vor wenigen Tagen seine Unterstützung zu Rösler bekundete. Von ihm kommt schon seit längerem keine Kritik an Rösler, zumindest keine publik gemachte. Das besorgen andere.

In der Bundestagsfraktion gibt es inzwischen offen geäußerte Zweifel an Röslers Führungsqualitäten: Der FDP-Abgeordnete Hein-Peter Haustein sagte, die FDP brauche eine überzeugende Führungsfigur. Wie im Fußball mache sich bei einer Mannschaft Frust breit, wenn sie fast jedes Spiel verliere, sagte Haustein der Leipziger Volkszeitung. "Dann kommt zwangsläufig die Frage nach dem Trainer."

Für Röslers Privatisierungsoffensive hatte der Arbeits- und Sozialexperte ein zwiespältiges Lob übrig. Reformen und Flexibilität beim Arbeitsmarkt fordere die FDP schon immer. "Ich freue mich, dass Philipp Rösler das mal zu Papier gebracht hat", sagte Haustein. "Wir werden es nur nicht durchsetzen."

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