Angela Merkel und die Union:Tanz auf brüchigem Eis

Kanzlerin Angela Merkel ist in der CDU unangefochten. Trotz der Wahlerfolge braucht sie ihre Ministerpräsidenten mehr denn je - und deren Interessen sind widersprüchlich.

Stefan Braun, Berlin

Im Saarland regiert bald Jamaika, in Thüringen kommt wohl Schwarz-Rot, und in Berlin verbinden sich gerade die Schwarzen mit den Gelben - die Christdemokratische Partei Deutschlands badet im Glück. Alles Mögliche ist parteipolitisch möglich geworden - und der Regierungschef kommt jedes Mal von der CDU.

Eine solche Machtverlagerung zugunsten der Partei von Angela Merkel hat es seit Jahrzehnten nicht gegeben. Deshalb kann es niemanden verwundern, wenn sie so zufrieden ist wie noch nie, seitdem sie die CDU führt. Stellt sich die Frage: Was kann ihr noch passieren?

Auch der CDU brechen die Milieus weg

Die Antwort lautet: sehr viel. Denn der nominelle Machtzuwachs der CDU, verbunden mit den neuen Machtkombinationen, stabilisiert zwar psychologisch. Aber in der Sache wird es immer schwieriger werden, die bunte Mischung an CDU-Ministerpräsidenten zusammenzuhalten.

Es sind schon ganze Weltreiche aus Überdehnung zusammengebrochen. Der Welt der Angela Merkel droht eine ähnliche Belastungsprobe. Schon bislang sind die Interessen zwischen denen im Süden und im Norden, im Westen und im Osten massiv auseinandergelaufen. Was ihre Strategie der weichen Botschaften im Osten an neuen Stimmen einbrachte, führte im Süden zu massiven Verlusten.

Dass es jetzt für eine Koalition mit der FDP reicht, verdeckt, dass die CDU ihr schlechtestes Ergebnis seit 1949 erzielt hat. Wer die Zahl der Ministerpräsidenten also in Relation setzt zu den 33,8 Prozent bei der Bundestagswahl, der sieht, wie brüchig das Eis ist, auf dem Merkel ihre Macht aufbaut. Auch der CDU brechen die Milieus weg.

Zu den Interessenunterschieden zwischen den Bundesländern kommen Ministerpräsidenten, die eigene Interessen haben. Und dabei gibt es mindestens zwei Typen, die Merkel auf sehr unterschiedliche Weise das Leben schwermachen. Die einen sind parteipolitisch ungeschickt, aber politisch ehrlich.

Die anderen sind politisch clever - und arbeiten vor allem auf eigene Rechnung. Zum Typus eins gehört Günther Oettinger, der als Einziger vor der Wahl warnte, keine falschen Versprechen zu machen - eine ehrliche Haut, die dafür von der Partei gescholten wurde. Zum Typus zwei gehört Christian Wulff, der vor der Wahl geschmeidig schwieg und jetzt die FDP frontal angreift - was die FDP eher bestärkt, in den Verhandlungen hart zu bleiben.

Noch mehr tut Merkel weh, dass beide den Blick auf ihr größtes Problem lenken: den gewaltigen Unterschied zwischen ihren Versprechen vor der Wahl und den finanziellen Realitäten danach. 2005 konnte sie sich hinter den Schulden von Rot-Grün verstecken.

2009 kann sie nicht mehr behaupten, die dramatische Lage der öffentlichen Haushalte nicht gekannt zu haben. Und dazu braucht sie für alles, was sie in den nächsten Jahren umsetzen möchte, im Bundesrat die sechs Ministerpräsidenten mit einer schwarz-gelben Regierung. Das verringert ihre Abhängigkeit von den Wulffs und Oettingers nicht. Es erhöht sie.

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