Angela Merkel:Kritik aus den eigenen Reihen

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Angesichts der nahenden Bundestagswahl und sinkender Umfragewerte ermahnen führende Unionspolitiker ihre Chefin: Merkel müsse endlich mit Wahlkampf beginnen, das Kapitel große Koalition sei abgeschlossen.

Angesichts der sinkenden Umfragewerte für die Union wächst der Druck auf die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): Führende Unionspolitiker mahnten am Wochenende einen klareren Wahlkampfkurs von CDU und CSU an. Befürchtet wird in der Union insbesondere, dass die konservative Wählerklientel verschreckt wird.

Der Wahlkampf hat begonnen: Bundeskanzlerin Angela Merkel muss sich Kritik aus den eigenen Reihen gefallen lassen. (Foto: Foto: ddp)

Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) sagte dem Nachrichtenmagazin Spiegel: "Es muss klar sein, dass nun das Kapitel der großen Koalition abgeschlossen ist und ein neues aufgemacht wird, in dem die CDU klar sagt, wofür sie steht." Notwendig seien auch klare Leitlinien in der Ordnungspolitik. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, die CDU sei die Partei der Verstaatlichung.

Auch der rheinland-pfälzische CDU-Vorsitzende Christian Baldauf forderte einen Kurswechsel: "Ich wünsche mir aus dem Adenauer-Haus mehr CDU und weniger große Koalition." Spätestens nach Ostern müsse deutlich gemacht werden, "wie die CDU handeln würde, wenn sie nicht eingeklemmt wäre in die Zwänge der großen Koalition".

Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) äußerte die Befürchtung, dass sich die konservative Klientel künftig in Wahlenthaltung flüchten könnte, weil sie sich von der Union nicht vertreten fühlt. Dem Nachrichtenmagazin "Focus" sagte er: "Vielleicht gibt es bei uns Strategen, die ernsthaft glauben, man müsse sich um die Konservativen und ihre politischen Anliegen nicht besonders kümmern, weil die ohnehin Union wählen würden." Die Gefahr sei groß, "dass diese Rechnung nicht aufgeht, weil klassische Stammwähler beim nächsten Mal zu Hause bleiben oder FDP wählen".

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla ermahnte seine Partei zu größerer Geschlossenheit. Die vielen kontroversen Debatten in der Union wirkten sich negativ aus, sagte er der Berliner Zeitung vom Samstag. "Davon profitiert die FDP, die von der Zuschauertribüne bequem kritisiert und alles Wünschenswerte fordert." Er kündigte aber zugleich eine klare Koalitionsaussage der Union zugunsten der FDP an.

CDU-Vize Annette Schavan stärkte der Kanzlerin angesichts der zunehmenden Kritik den Rücken. "Angela Merkel ist ein Glücksfall für die CDU und für Deutschland", schrieb die Bundesbildungsministerin in einem Gastbeitrag für das Hamburger Abendblatt vom Samstag. "Sie hat den Modernisierungsprozess in der CDU befördert, der Voraussetzung für künftige Wahlerfolge ist." Schavan fügte hinzu, das hervorstechende Merkmal von Christdemokraten sei nicht der Konservatismus. "Unsere Suche nach mehr Stammwählern sollte uns nicht blind machen für neues Bürgertum und jene Liberalität, die die Vielfalt in einem demokratischen Gemeinwesen achtet."

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt forderte erneut mehr Engagement der Schwesterpartei: "Es kann nicht sein, dass in der Union allein die CSU für das konservative Profil zuständig ist", sagte er dem Spiegel. "Da muss auch von der CDU mehr kommen."

Scharfe Kritik an Merkel kam auch aus der SPD. Fraktionschef Peter Struck hielt der Kanzlerin mangelnde Führungskraft vor. Die Deutschen würden SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier bei der Bundestagswahl im September den Vorzug geben, "weil er führen kann", sagte Struck dem Berliner Tagesspiegel am Sonntag. Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) hob im Hamburger Abendblatt hervor: "Führung heißt auch, den eigenen Laden zusammenzuhalten".

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