Die Halle C1 auf dem Messegelände ist die größte des Kirchentags. Hier dürfen die Stars auftreten: Margot Käßmann, Hans Küng - und am Freitagnachmittag Angela Merkel. 6000 Menschen passen hinein, viele warteten noch vor den Türen. Über "Hoffnung in Zeiten der Verunsicherung" sollte die CDU-Kanlerin sprechen. Sie tat es in protestantischer Nüchternheit.
Nur einmal kommt Unruhe in der Halle auf. Da spricht die Bundeskanzlerin von der Finanzkrise, vom Rettungsschirm für den Euro und davon, dass sie auch nicht zusagen könne, dass dieser am Ende Erfolg haben wird. Angela Merkel greift die Reaktion der Besucher gleich auf. "Man spürt ja auch den Zweifel hier", sagt sie, aber jeder solle doch bitte daran denken, wie viel Deutschland bislang von Europa profitiert habe. Und dann nimmt Merkel das Wort in den Mund, das sie bislang nahezu vermieden hat, und um das sich hier doch alles drehen sollte: Hoffnung. "Hoffnung habe ich immer; dass es schief geht, habe ich nie geglaubt", sagt die Kanzlerin. Da bekommt sie wieder Beifall.
"Hoffnung in Zeiten der Verunsicherung" ist Merkels Kurzvortrag auf dem Kirchentag überschrieben. Von Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit, vom Streit über Moscheen-Minarette und der Krise der christlichen Kirchen ist die Rede im Einspielfilm - und natürlich vom Euro. Man habe ja gar nicht ahnen können, wie aktuell Merkels Thema nun sei, sagt der katholische Kirchentags-Präsident Alois Glück.
Doch die CDU-Vorsitzende spricht nicht von Hoffnung, sie spricht vom Zusammenhalt der Gesellschaft. "Toleranz und Aufeinanderzugehen" seien die Voraussetzung dafür, sagt die Kanzlerin. Und manchmal habe man es, wie man in der Finanzkrise sehe, mit Akteuren zu tun, die nur an die Maximierung des eigenen Gewinns dächten. "Da hilft alles Zutrauen, alle Toleranz nichts - denen muss das Handwerk gelegt werden", fordert Merkel.
Und deshalb, das ist ihr zweiter Schritt, brauche man Regeln, um Zusammenhalt zu gewährleisten - in einem Staat oder weltweit für die Finanzmärkte. Und sie stimmt ihre Zuhörer auf härtere Zeiten und einen unangenehmen Sparkurs ein. Deutschland dürfe nicht länger über seine Verhältnisse leben, wie es das über Jahrzehnte hinweg getan habe, sagt Merkel. Bei den Ausgaben für Forschung, Bildung und Betreuung "müssen wir klare Akzente setzen, damit wir die Zukunft nicht verschlafen", erklärt sie und verspricht, zumindest der Krippenausbau werde nicht bluten müssen.
Alles andere lässt sie offen: Wenn der Staat nun sparen müsse, "wird sich der Zusammenhalt der Gesellschaft zeigen müssen". Hoffnung? Noch immer spricht Merkel nicht davon, sondern von den gemeinsamen Werten und Vorstellungen, die eine Gesellschaft letztlich als "wichtigste Quelle des Zusammenhalts" brauche - und dies ist für sie das Christentum und sein Menschenbild.
Vielleicht besteht die Hoffnung für die 6000 Menschen in der Halle allein darin, dass diese Worte fallen. Dass hier eine Kanzlerin das Christentum als "Fundament" der Gesellschaft einzieht. Dass die Tochter eines evangelischen Pfarrers in Deutschland die Richtlinienkompetenz innehat. Es soll früher einmal Kirchentage gegeben haben, bei denen CDU-Kanzler mit Pfiffen empfangen wurden. Angela Merkel aber bekommt großen Applaus. Und vernimmt eben nur einmal Unruhe - als es um den Euro geht. Um die Krise, in der auch Kanzlerin Merkel nur hoffen kann. Was doch eigentlich das Thema war.