Angebliches Mordkomplott:Obama droht Iran mit "härtesten Sanktionen"

US-Präsident Obama lassen die Zweifel an einer Verwicklung Teherans an dem angeblichen Mordkomplott gegen den saudischen Botschafter in Washington kalt: Selbst wenn hohe iranische Regierungskreise nichts davon gewusst hätten, trügen sie die Verantwortung, erklärt er - und spricht von "härtesten Sanktionen" gegen Iran. Der iranische Religionsführer Chamenei weist die Vorwürfe als "dumm" zurück.

US-Präsident Barack Obama bleibt dabei - und wählt im Streit um die angeblichen iranischen Attentatspläne drastische Worte: Die USA wollen Iran wegen des mutmaßlichen Mordkomplotts gegen den saudischen Botschafter in Washington zur Verantwortung ziehen. Obama drohte mit "härtesten Sanktionen". Zugleich wies er wachsende Zweifel daran zurück, dass die iranische Führung von den Attentatsplänen gewusst haben soll.

Die Attentatsplanungen seien von "Individuen in der iranischen Regierung" bezahlt und dirigiert worden, erklärte er. Die USA würden solche Vorwürfe nicht erheben, wenn sie nicht die notwendigen Beweise hätten. Allerdings sagte Obama nicht, ob er davon ausgehe, dass auch Präsident Mahmud Ahmadinedschad oder der geistliche Führer Ayatollah Ali Chamenei eingeweiht waren. Ähnlich hatten sich am Vortag einige US-Regierungsvertreter geäußert: "Das ist eine Operation - der Mord an einem Diplomaten auf ausländischem Boden -, die auf höchster Ebene in der iranischen Regierung hätte genehmigt werden müssen", sagte ein hochrangiger Beamter der Los Angeles Times.

Chamenei hat sich nun erstmals zu den US-Vorwürfen geäußert: "Die Wiederholung von dummen und nutzlosen Methoden der USA, eine Islam- und Iran-Phobie in der Welt zu schüren, wird nichts bringen. Sie ist zum Scheitern verurteilt", sagte der geistliche Führer Staatsmedien zufolge. Chamenei ist nach der iranischen Verfassung das Staatsoberhaupt und hat in allen Staatsangelegenheiten das letzte Wort.

Am Mittwoch hatte sich die amerikanische UN-Botschafterin Susan Rice mit Vertretern der iranischen Mission bei den Vereinten Nationen getroffen. Dies galt als ungewöhnlicher Schritt, da Washington und Teheran keine diplomatischen Beziehungen unterhalten.

Zuvor hatten mehrere Medien hochrangige US-Regierungsvertreter zitiert, wonach es keine harten Beweise für das Wissen der Führungsspitze in Teheran gebe. Selbst US-Ermittler seien lange skeptisch gewesen, weil die Verschwörung so bizarr und ungewöhnlich schlecht organisiert erschienen sei, berichteten die Washington Post und das Wall Street Journal unter Berufung auf nicht näher bezeichnete Beamte. Auch in anderen Staaten waren Zweifel laut geworden, dass Iran hinter der angeblichen Verschwörung steht. Dass die iranische Führung verwickelt sei, basiere lediglich auf Schlussfolgerungen.

Obama widersprach dieser Darstellung. Die Terrorpläne seien Teil eines "Musters des gefährlichen und ruchlosen Verhaltens der iranischen Regierung", so der Präsident. Teheran werde zur Verantwortung gezogen, auch wenn die Spitze des Regimes vielleicht nicht in jedes operative Detail eingebunden gewesen sei. Seine Regierung nehme ausdrücklich keine Option für eine Reaktion vom Tisch, sagte Obama.

Justizminister Eric Holder hatte konkret die Al-Quds-Brigaden, den militärischen Arm der iranischen Revolutionsgarden, für das Komplott verantwortlich gemacht. Als Beweis nannte seine Behörde eine Vorschusszahlung von 100.000 Dollar (72.800 Euro) an einen mutmaßlichen Auftragsmörder des mexikanischen Drogenkartells "Los Zetas", der in Wirklichkeit ein Informant der Drogenfahndung DEA gewesen sei. Die Banküberweisung lasse sich zu den Al-Quds zurückverfolgen und könne eigentlich nur von ihrer Führung genehmigt worden sein.

In mehreren Zeitungsberichten räumten die zitierten Beamte dagegen ein, das Komplott trage nicht die Handschrift dieser Spezialeinheit. "Was wir sehen, scheint unvereinbar mit den hohen Standards, die wir aus der Vergangenheit kennen", heißt es. "Der operative Flügel der Al-Quds ist zu intelligent und erfahren, um solch eine schlampige Operation durchzuführen", sagte der auf Iran spezialisierte politische Analyst Roozbeh Mirebrahimi dem Wall Street Journal. Die Washington Post zitiert einen westlichen Diplomaten im UN-Sicherheitsrat: "Jeder war überrascht über den Dilettantismus der Verschwörer."

Der Terrorverdächtige - ein Tollpatsch

Zusätzliche Zweifel an dem Terrorplot nährt der Verdächtige Mansour Arbabsiar: Bekannte, Freunde und Nachbarn werden in US-Medien zitiert, wonach sich der 56-Jährige sich eher nicht für Religion und Politik interessiert habe. Die New York Times beschreibt den Mann eher als tollpatschigen Opportunisten denn als eiskalten Killer. "Er war nicht fähig, diesen Plan auszuführen", zitiert die Zeitung einen ehemaligen Schulfreund.

Der ehemalige iranische Präsident Mohammed Chatami warnte unterdessen seinen Nachfolger Mahmud Ahmadinedschad vor einem möglichen Militärangriff der USA. "Unsere politischen Vertreter sollten vorsichtig sein, den USA einen Vorwand zu liefern, um gegen unsere Sicherheit und territoriale Integrität vorzugehen", sagte Chatami der oppositionellen Internetseite Rahesabs. Er bezeichnete die US-Vorwürfe als eine Verschwörung der Regierung in Washington, um sich Vorteile für die Präsidentschaftswahlen 2012 zu verschaffen.

Die Regierung in Teheran hatte bereits am Mittwoch die Vorwürfe als haltlos zurückgewiesen. Die angeblichen Attentatspläne haben die Spannungen zwischen beiden Staaten massiv verschärft. Auch Saudi-Arabien verurteilte Iran scharf. Der saudische Außenminister Prinz Saud al-Faisal sagte am Donnerstag in Wien: "Alle Informationen, die uns vorliegen, richten sich gegen Iran." Der geplante Terrorakt "schmerzt uns sehr", sagte al-Faisal. "Wir hätten uns nie vorstellen können, dass Iran einen solchen Schritt machen könnte."

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