Anfrage an Wirtschaftsministerium:Rüstungsindustrie verdoppelt Exporte von Kleinwaffen

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Deutsches Export-Produkt: G36-Sturmgewehr von Heckler & Koch (Foto: dpa)

Sie sind leicht weiterzuverkaufen und schwer zu kontrollieren: Kleinwaffen fallen weltweit mit Abstand die meisten Menschen zum Opfer. 2012 erlaubte die Bundesregierung nach SZ-Informationen die Ausfuhr von Gewehren und Maschinenpistolen im Wert von 76 Millionen Euro - trotz "strengen Maßstäben" für die Genehmigungen.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Deutsche Rüstungsunternehmen verdienen so gut am Export von Kleinwaffen wie nie in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten. Der Wert der im Jahr 2012 genehmigten Ausfuhren war doppelt so hoch wie im Vorjahr. So wurden Genehmigungen für die Ausfuhr von Kleinwaffen und Kleinwaffenteilen im Wert von 76,15 Millionen Euro erteilt. Der Betrag liegt höher als alle Vergleichswerte seit Beginn der Erfassung in den Exportberichten der Bundesregierung Ende der Neunzigerjahre. Dies geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Bei ihrer Definition von Kleinwaffen folgt die Bundesregierung der EU und fasst darunter in ihren Rüstungsexportberichten unter anderem Maschinenpistolen, Maschinengewehre sowie voll- und halbautomatische Waffen. Der Export von Kleinwaffen ist international besonders umstritten, weil ihnen, verglichen mit schweren Waffen, weltweit mit Abstand die meisten Menschen zum Opfer fallen. Zudem sind sie auch in Entwicklungsländern leicht zu beschaffen und tauchen immer wieder durch illegale Weiterverbreitung in Krisenregionen auf.

Die Bundesregierung legt daher laut Selbstauskunft "strenge Maßstäbe an die Genehmigungserteilung für Exporte von Kleinwaffen in Drittländer, speziell Entwicklungsländer" an. Als Drittländer werden Staaten bezeichnet, die weder Mitglied der EU noch der Nato sind und auch nicht, wie etwa Australien, der Nato gleichgestellt sind. Das Ministerium wollte zu den aktuellen Zahlen auf Anfrage keine näheren Angaben machen.

"Die Massenvernichtungswaffen des 21. Jahrhunderts"

Dem Wert für das Jahr 2012 kamen den Exportberichten zufolge bislang die Werte aus den Jahren 2008 und 2009 am nächsten. Damals wurden Einzelgenehmigungen für den Export von Kleinwaffen in Höhe von 68,9 und 70,4 Millionen Euro erteilt. Im Jahr 2002, zu Zeiten der rot-grünen Bundesregierung, hatte der Wert mit 61,6 Millionen Euro schon einmal ähnlich hoch gelegen. Nach 2009 sank der Wert bis auf 37,9 Millionen Euro im Jahr 2011.

"Kleinwaffen sind die Massenvernichtungswaffen des 21. Jahrhunderts", sagte der Linken-Bundestagsabgeordnete Jan van Aken der SZ. "Einmal exportiert, werden sie völlig unkontrolliert von Krieg zu Krieg weitergereicht." Die Regierung solle den Export von Kleinwaffen "nicht verdoppeln, sondern verbieten". In jedem aktuellen Konflikt tauchten auch deutsche Kleinwaffen auf, "selbst in Afghanistan schießen die Taliban mit deutschen Waffen auf deutsche Soldaten", so van Aken.

Aus der Antwort des Ministeriums auf seine Anfrage geht hervor, dass 2012 Ausfuhren von Kleinwaffen und Kleinwaffenteilen nach Saudi-Arabien in Höhe von 6,5 Millionen Euro genehmigt wurden. Dies entspricht mehr als der Hälfte des Werts für den Nahen Osten und Nordafrika. Anders als bei den Kleinwaffen ist der Gesamtwert der 2012 erteilten Genehmigungen für die Ausfuhr von Kleinwaffenmunition von 34,6 Millionen Euro im Jahr 2011 laut Ministerium auf 18 Millionen Euro gesunken.

© SZ vom 27.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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