Andrej Holm und die Stasi:Holms Rauswurf kommt zur rechten Zeit

Andrej Holm

Andrej Holm auf einer Podiumsdiskussion zum Thema "Einmal Stasi - immer Stasi?"

(Foto: dpa)

Michael Müller hat genug. Der Regierende Bürgermeister von Berlin feuert den Stasi-belasteten Staatssekretär Andrej Holm - aus dem richtigen Grund.

Kommentar von Thorsten Denkler, Berlin

Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD), hat die Notbremse gezogen. Er empfiehlt dem Senat, den Stasi-belasteten Baustaatssekretär Andrej Holm zu entlassen. Das Gute daran ist: Er entlässt ihn nicht, weil Holm eine Stasi-Vergangenheit hat. Sondern vor allem deshalb, weil sein Umgang damit mehr als beschämend war.

In einer Erklärung sagte Müller: "Gerade in Berlin, der Stadt der Teilung, darf es keinen Zweifel am aufrichtigen Umgang mit der eigenen Geschichte geben - sowohl in den vergangenen Jahren als auch heute."

Es kommt nicht oft vor, dass der eine Koalitionspartner das Regierungsmitglied eines anderen Koalitionspartners entlässt. Und das offenbar ohne Absprache. Die Berliner Linke, die den parteilosen Holm entsandt hat, reagierte auf Twitter: Müllers Äußerung sei "nicht mit uns abgesprochen und liegt außerhalb des vereinbarten Verfahrens". Die Bundesparteichefin der Linken, Katja Kipping, verweigerte jeden Kommentar.

Für so einen Rauswurf muss einiges zusammenkommen. Und im Fall Holm kam einiges zusammen.

Andrej Holm war hauptamtlicher Mitarbeiter der Stasi. Jung war er damals, knapp über 18. Er wollte zur Stasi. Hat sich ausbilden lassen. Er kam aus einem stramm sozialistischen Elternhaus. Das einzige, was ihn an einer Stasi-Karriere hinderte, war der Fall der Mauer, wenige Monate nachdem er zur Stasi kam. Holm war, gerade volljährig geworden, selbst ein Opfer seiner Zeit.

Das ist mehr als 25 Jahre her. Es muss auch für die Mitgliedschaft in der Stasi eine Verjährungsfrist geben. Voraussetzung ist eine Läuterung. Hier ist Holm nichts vorzuwerfen.

Wie die meisten Politiker stolperte er über den Umgang mit einer Affäre. Nicht über den Grund für die Affäre. Holm hat seinem früheren Arbeitgeber, der Humboldt-Uni, in einem Personalfragebogen mitgeteilt, nicht hauptamtlich für die Stasi gearbeitet zu haben. Das war falsch.

Holm hätte seine Akten genauer studieren müssen

Statt sich für diesen Fehler zu entschuldigen, erklärte er, dass er sich auf seine Erinnerung verlassen habe. Etwas dünn. In so einer heiklen Frage wäre es in seiner Verantwortung gewesen, seine Akten vorher genau zu studieren. Und dann bietet er der Uni erst einen Auflösungsvertrag an, zieht das Angebot wieder zurück. Er äußert sich unglücklich in Interviews und lässt einen Streit schwelen, der die komplette Regierung belastet hat.

Spätestens da hätte auch die Linke erkennen müssen, dass Holm der vielleicht falsche Mann für das Amt ist. Die Linke aber hat sich in weiter hinter ihn gestellt. Bis Müller jetzt das einzig Richtige getan hat. Nicht seine Stasi-Vergangenheit hat Holm das Amt gekostet. Sondern Holms Umgang damit. Das muss auf Dauer kein Koalitionspartner mitmachen.

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