Amtsenthebung:Trumps ultimative Show

Amtsenthebung: Trump bei einem Auftritt vor Anhängern in Milwaukee

Trump bei einem Auftritt vor Anhängern in Milwaukee

(Foto: AP)

Der US-Präsident versteht nicht viel von Politik, aber er weiß, wie man ein Ereignis inszeniert. Danach hat er auch seine Anwälte ausgewählt, die ihn im Impeachment-Verfahren vertreten sollen.

Kommentar von Hubert Wetzel, Washington

Amerikanische Gerichtsprozesse haben im Vergleich zu deutschen eine Besonderheit: Über Schuld oder Unschuld des Angeklagten entscheidet in der Regel nicht der Richter, sondern eine Jury - eine Gruppe von zwölf normalen Bürgerinnen und Bürgern, die nach Abwägung aller Beweise, welche die Anklage und die Verteidigung vorgelegt haben, ein einstimmiges Urteil fällen. Das wiederum hat zur Folge, dass Gerichtsverfahren in den USA zumindest zum Teil - und das ist nicht abwertend gemeint, sondern nur eine Beschreibung - Theater sind. Die Plädoyers der Staatsanwälte und Verteidiger und die Kreuzverhöre von Zeugen sind extrem wichtig, um die Geschworenen zu beeinflussen.

Das gilt auch für den Prozess, der an diesem Dienstag im US-Senat gegen Donald Trump beginnt. Im Falle des Präsidenten sind es allerdings nicht zwölf Bürger, die über Trump richten. Stattdessen werden gleich zwei Jurys ein Urteil fällen: Zuerst werden die 100 Senatoren und Senatorinnen über die Schuld oder Unschuld des Präsidenten befinden. Anfang November wird dann das amerikanische Wahlvolk seine Meinung dazu äußern, ob Trump etwas getan hat, das mit dem Rauswurf aus dem Präsidentenamt bestraft werden müsste. Und in beiden Fällen wird es für Trump überlebenswichtig sein, die öffentliche Meinung über ihn und seine Taten zu formen und zu seinen Gunsten zu beeinflussen.

Damit wäre man bei Kenneth Starr. Es ist kein Zufall, dass Trump den Mann in sein Verteidigerteam geholt hat, der für das Impeachment gegen Präsident Bill Clinton verantwortlich war. Das linke Amerika verachtet Starr seither. Für konservative Amerikaner ist er dagegen ein Held, weil er den lügenden Ehebrecher Clinton gejagt hat. Und genau wie der Harvard-Professor und Prominentenanwalt Alan Dershowitz, den Trump ebenfalls angeheuert hat, hat Starr den Präsidenten im Fernsehen immer wieder stur verteidigt - für Trump in Personalfragen stets der wichtigste Eignungsnachweis.

Trump will die Republikaner im Senat auf Linie halten

Trump versteht nicht viel von Politik oder Wirtschaft. Aber er war früher einmal ein sehr erfolgreicher Fernsehunterhalter. Er weiß, wie man eine spannende Show inszeniert. Und das Impeachment ist für ihn die ultimative Show.

Für Trump geht es in dem bevorstehenden Prozess nicht um abstraktes Verfassungsrecht und schon gar nicht um die Ukraine. Trump will auch keine Demokraten von seiner Unschuld überzeugen. Sein Ziel ist es, zunächst die Republikaner im Senat - Jury Nummer eins - auf Linie zu halten. Das sollte nicht allzu schwer sein. Den absehbaren Freispruch will er dann im Wahlkampf nutzen, um den Amerikanern, vor allem aber seinen Anhängern - Jury Nummer zwei - einzureden, dass er das arglose Opfer der rachsüchtigen Demokraten ist und eine zweite Amtszeit verdient. Beides funktioniert nur, wenn es in der Bevölkerung keine breite Mehrheit gegen ihn gibt.

Um das zu schaffen, braucht Trump exzellente Juristen als Anwälte. Dass Starr und Dershowitz das sind, steht außer Frage. Zugleich aber braucht Trump Anwälte, die nicht nur juristisch, sondern auch schauspielerisch glänzen können; denen das Publikum glaubt, egal was die Fakten sagen. Starr und Dershowitz haben bei Fox News oft genug bewiesen, dass sie das können. Deswegen hat Trump sie ausgesucht. Das Casting ist vorbei. Die Show kann beginnen.

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