Amtsantritt und Wirtschaftskrise:Keine Garnelen für Obama

Der Vereidigung eines neuen Präsidenten folgt in Washington normalerweise eine rauschende Ballnacht. Doch darf in Zeiten der Finanzkrise gefeiert werden?

Barbara Vorsamer

Am 20. Januar tritt ein neuer US-Präsident sein Amt an - normalerweise ein Grund für eine rauschende Ballnacht in Washington. Und dass es diesmal nicht nur ein Personalwechsel ist, sondern mit Barack Obama der erste schwarze Präsident ins Weiße Haus einzieht, ist eine Zeitenwende, die besonders zu feiern ist.

Darf Barack Obama trotz Wirtschaftskrise tanzen?

Darf Barack Obama trotz Wirtschaftskrise tanzen?

(Foto: Foto: AFP)

Doch der Wechsel im Weißen Haus fällt diesmal in die schlimmste Weltwirtschaftskrise seit 1929. Amerikas Partyplaner stehen vor einem Dilemma.

"Garnelen wird es keine geben", kündigte einer von ihnen bereits an. Auch beim Champagner plane man, eine billigere Marke zu bestellen. Und das Feuerwerk ist schon gestrichen.

Das ist schlimm für das politische Washington, das seine Bälle zur Amtsübernahme eines neuen Präsidenten für mindestens so wichtig hält wie die Partys nach der Oscar-Verleihung. Am Abend nach seinem Eid tanzt der frischgebackene Herr des Weißen Hauses normalerweise durch ein Dutzend Ballsäle.

Keine Übertreibung: Bill Clinton zum Beispiel ließ sich 1992 auf ganzen 14 Partys sehen. Er wirbelte seine Hillary übers Parkett und griff auf einigen Veranstaltungen sogar selbst zum Saxophon.

An diese rauschenden Nächte erinnert sich das politische Washington gerne zurück. Nicht wenige hoffen, dass die Zeit der Feste mit dem jungenhaft wirkenden Obama und seiner attraktiven Frau Michelle wieder auflebt - nachdem die vergangenen acht Jahre im Weißen Haus ein Mann wohnte, von dem bösartige Klatschreporter berichteten, er gehe um 21 Uhr zu Bett.

Doch zunächst müssen sie die Gratwanderung meistern, einerseits einen historischen Moment angemessen zu würdigen, andererseits aber nicht den Eindruck entstehen lassen, Washingtons Elite betrinke sich, während die einfachen Leute darben. Die Gretchen-Frage "Sekt oder Selters?" wird auch auf der Website presidential-inauguration.com heiß diskutiert.

"Dies ist nicht die Zeit, um zu feiern", schreibt einer der User und rät Obama, sämtliche Inauguration-Partys abzusagen. Andere wiederum gönnen dem zukünftigen Präsidenten seinen glorreichen Moment und glauben sogar, dass die ganze Herrlichkeit die Wirtschaft ankurbeln wird.

Lesen Sie weiter, wie andere Präsidenten mit ihrer Vereidigung zu Krisenzeiten umgingen.

Keine Garnelen für Obama

Obama ist nicht der erste US-Präsident, der sein Amt in schwierigen Zeiten antritt. Franklin D. Roosevelt zum Beispiel feierte während der großen Wirtschaftskrise in den dreißiger Jahren seine Vereidigung. Er nahm die Lage zum Anlass, nur an einem (1933) beziehungsweise keinem der Bälle (1937) teilzunehmen. Allerdings wurde damals auch vermutet, das liege an seinem Unwillen zu tanzen.

Von den Bällen abgesehen war seine Vereidigung nämlich durchaus pompös. Ganze Züge voller Hollywood-Stars fuhren nach Washington und die Produktionsfirma Warner Bros. zeigte zu Roosevelts Ehren eine Live-Show des Musicals "42nd Street".

Auch diesmal wollen viele Stars dabei sein. Soul-Legende Aretha Franklin wird bei Obamas Vereidigung singen, Star-Geiger Izhak Perlman die Prozedur musikalisch begleiten. Außerdem spielt das US-Marineorchester und mehr als 11.000 Soldaten und 8000 Polizisten sorgen für die Sicherheit des neuen Präsidenten.

Ein Spaziergang ist da nicht drin - so wie der von Jimmy Carter, der, um volksnäher zu erscheinen, auf die Fahrt mit der Limousine verzichtete und zu Fuß die Pennsylvania Avenue hinunterging. Außerdem beschränkte Carter die Eintrittspreise für die Bälle auf 25 Dollar.

Auch das wird bei Obama unmöglich sein. Schon Stehplätze bei seiner Vereidigung werden derzeit für bis zu 40.000 Dollar im Internet feilgeboten - und die sind eigentlich umsonst. Jeder Amerikaner kann bei seinem Abgeordneten oder Senator nach einer Eintrittskarte fragen.

Ballkarten sind traditionell teuer, da die Bälle auch zum Spendensammeln genutzt werden. Daher werden sie vermutlich noch höhere Preise erzielen. Wirtschaftskrise hin oder her, so manchem Amerikaner scheint es einiges wert zu sein, den historischen Moment von Barack Obamas Amtsübernahme live mitzuerleben.

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