Süddeutsche Zeitung

Lobbyismus in der CDU:Abgeordneter Amthor räumt "Fehler" ein

Die erstaunliche Karriere des 27-jährigen Nachwuchspolitikers Philipp Amthor dürfte an Schwung verlieren. Denn nun wurden dubiose Geschäftskontakte des CDU-Abgeordneten bekannt.

Von Robert Roßmann, Berlin

In der CDU herrscht nicht gerade ein Überfluss an bekannten Nachwuchspolitikern. Das Durchschnittsalter der Parteimitglieder liegt bei 60 Jahren. Umso erstaunlicher war bisher die Karriere von Philipp Amthor.

Der junge Mann aus Mecklenburg-Vorpommern ist erst 27 Jahre alt, aber schon im ganzen Land bekannt. Der Konservative mit dem akkuraten Seitenscheitel reüssiert im Bundestag regelmäßig als guter Redner. Talkshows laden ihn wegen seiner klaren Sprache gerne ein. Jahrelang ging es mit Amthor nur bergauf - und das in einem atemberaubenden Tempo.

Er ist der zweitjüngste unter den 709 Bundestagsabgeordneten. Seinen Wahlkreis hat er direkt gewonnen - als jüngster aller direkt gewählten Parlamentarier. Und seit einigen Wochen bemüht Amthor sich darum, der jüngste CDU-Landesvorsitzende in ganz Deutschland zu werden.

Durch den Rückzug seiner einzigen Konkurrentin vor wenigen Tagen hatte er sein Ziel eigentlich schon erreicht. Amthor sprach bereits davon, dass er sich vorstellen könne, im kommenden Jahr als CDU-Spitzenkandidat gegen Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) anzutreten.

Doch jetzt dürfte diese erstaunliche Karriere abrupt an Schwung verlieren. Und Schuld daran ist Amthor selbst. Am Freitag wurden dubiose Geschäftskontakte des Abgeordneten bekannt. Amthor reagierte zwar zerknirscht, doch damit allein dürfte es nicht getan sein.

Laut dem Magazin Der Spiegel hat Amthor mit einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) Lobbyarbeit für das in New York ansässige Unternehmen Augustus Intelligence betrieben. In dem Schreiben habe Amthor das Start-up gelobt und Altmaier um politische Unterstützung gebeten, heißt es in dem Bericht des Nachrichtenmagazins. Der Brief sei am 2. Oktober 2018 im Wirtschaftsministerium eingegangen.

Einige Wochen später hätten Augustus-Manager gemeinsam mit Amthor zweimal den damaligen Parlamentarischen Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Christian Hirte (CDU), besucht. Der Spiegel berichtet zudem von einer internen Aufstellung, aus der hervorgehe, dass Amthor mindestens 2817 Aktienoptionen an der Firma bekommen habe.

Diese Optionen würden es Amthor ermöglichen, zu einem späteren Zeitpunkt zu einem festen Preis Anteile von Augustus zu kaufen. Durch einen erfolgreichen Einsatz für Augustus würde der Wert des Unternehmens steigen - und damit auch der Wert von Amthors Aktienoptionen.

Amthor firmiert bei Augustus als "Board Member". Dem Spiegel liegen Unterlagen über Reisen und Aufenthalte in teuren Hotels vor, die Amthor mit Augustus-Mitarbeitern unternommen hat. Auf Nachfrage des Nachrichtenmagazins wollte der Abgeordnete nicht sagen, wer die Kosten dafür beglichen hat.

In der Firma engagiert sich übrigens auch ein anderer bekannter Konservativer. Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ist Teilhaber bei Augustus Intelligence.

Özdemir borgte sich einst Geld von einem Lobbyisten - und zog die Konsequenzen

Aber was sagt nun Amthor zu alldem? Auf Nachfrage reagierte der Abgeordnete am Freitag lediglich schriftlich. Er habe seine "Nebentätigkeit für ein US-amerikanisches Unternehmen" bei der Bundestagsverwaltung "bei Aufnahme im vergangenen Jahr offiziell angezeigt", schreibt Amthor.

Dann folgt ein Eingeständnis: "Ich bin nicht käuflich - gleichwohl habe ich mich politisch angreifbar gemacht und kann die Kritik nachvollziehen. Es war ein Fehler. Mein Engagement für das Unternehmen entspricht rückblickend nicht meinen eigenen Ansprüchen an die Wahrnehmung meiner politischen Aufgaben."

Dieses Kapitel sei ihm "eine Lehre", schreibt Amthor. Deshalb habe er "die Konsequenzen daraus gezogen" und seine Nebentätigkeit beendet. Anteilsoptionen des Unternehmens habe er "nie ausgeübt und bereits zurückgegeben". Die Stellungnahme endet mit einem Satz, der in seinem Pathos auch von Guttenberg stammen könnte: "Meine Priorität ist der leidenschaftliche politische Einsatz für unser Land."

Der Fall Amthor erinnert an einen lange zurückliegenden Fall bei den Grünen. Der damals ebenfalls aufstrebende und noch vergleichsweise junge Abgeordnete Cem Özdemir hatte 2002 dubiose Kontakte zum Frankfurter PR-Unternehmer Moritz Hunzinger eingestehen müssen.

Der Grüne hatte sich von Hunzinger einen Kredit über 80 000 Mark geben lassen. Özdemir verließ damals freiwillig den Bundestag, er kehrte erst 2004 als Europa-Abgeordneter auf die politische Bühne zurück. Wie es jetzt mit Philipp Amthor weitergeht, war am Freitagabend noch unklar.

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SZ vom 13.06.2020/odg
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