Philipp Amthor:Ein Warnsignal an CDU und Bundestag

Philipp Amthor bei der 163. Sitzung des Deutschen Bundestages. Berlin, 28.05.2020 *** Philipp Amthor at the 163 session

Der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor hat bei seinem Engagement für ein US-Unternehmen "Fehler" eingeräumt.

(Foto: Jens Krick/Future Image/imago images)

Bisher hat das umstrittene Engagement des Abgeordneten Amthor für ein US-Unternehmen keine Konsequenzen. Das offenbart Probleme in seiner Partei - aber auch den Transparenzmangel im Parlament.

Kommentar von Robert Roßmann, Berlin

Es gibt eine Folge der RBB-Show "Chez Krömer", die man sich jetzt noch einmal anschauen sollte. Am Ende dieser Sendung fragt Gastgeber Kurt Krömer den CDU-Abgeordneten Philipp Amthor, ob er nicht eine Tafel Schokolade, auf der zehn Euro kleben, als Geschenk mit nach Hause nehmen wolle. "Das müsste ich natürlich als Abgeordnetenspende verbuchen", antwortet Amthor. Aber er wolle das Geld nicht - denn "solche Dinge mache ich grundsätzlich nicht". Krömer will das nicht glauben - und deutet mit einer Handbewegung an, wie ihm eine Lügennase wächst.

Das ist jetzt neun Monate her - aber man kann sagen, dass der Komiker Krömer schon damals ziemlich richtig lag. Denn seit einigen Tagen ist klar, dass Amthor Dinge gemacht hat, die Abgeordnete grundsätzlich nicht machen sollten. Es geht dabei um Amthors Einsatz für die Firma Augustus Intelligence.

Dass sich ein Abgeordneter für Unternehmen einsetzt, ist nicht prinzipiell anrüchig. Im Gegenteil: Es wird von Parlamentariern erwartet, auch die Arbeitsplätze in ihren Wahlkreisen im Blick zu haben. Zu einem Problem wird das erst in speziellen Fällen - etwa dann, wenn ein Abgeordneter im Bundestag Werbeverbote für Tabakprodukte verhindern will, weil in seinem Wahlkreis ein Tabakunternehmen sitzt. Oder wenn ein Abgeordneter Vorteile für sein Engagement annimmt.

Genau deshalb ist das Verhalten Amthors im Fall Augustus Intelligence gleich in doppelter Hinsicht beklagenswert. Der CDU-Abgeordnete hat sich von dem Unternehmen, für das er sich im Bundeswirtschaftsministerium eingesetzt hat, Aktienoptionen und einen Titel ("Board Member") geben lassen. Zudem kann Amthor nicht plausibel erklären, warum er sich überhaupt für das Unternehmen stark gemacht hat. Augustus Intelligence hat seinen Sitz in New York, Amthor ist aber Abgeordneter des Wahlkreises "Mecklenburgische Seenplatte I - Vorpommern-Greifswald II". Und bisher ist das Unternehmen noch durch kein Produkt aufgefallen, das eine Unterstützung über einen Ozean hinweg rechtfertigen würde.

Amthor hat sein Engagement inzwischen als "Fehler" bezeichnet. Aber damit darf der Fall nicht abgeschlossen sein. Amthor möchte Landesvorsitzender seiner Partei und der nächste Ministerpräsident Mecklenburg-Vorpommerns werden. Kommt für solche Ämter jemand in Frage, der sich auf derart fragwürdige Weise von einem Unternehmen benutzen lässt?

Außerdem bestehen Zweifel, dass Amthor die Bedeutung seines Fehlers wirklich erkannt hat. Seine Erklärung endet ja nicht mit einer Bitte um Entschuldigung, sondern mit dem schwülstigen und beinahe trotzigen Satz: "Meine Priorität ist der leidenschaftliche politische Einsatz für unser Land."

Noch immer fehlt ein Lobbyregister

Amthor verschärft damit den Eindruck, dass es nicht alle in der CDU Mecklenburg-Vorpommern mit der politischen Hygiene genau nehmen. Der Landesverband stellt neben der Kanzlerin nur fünf Bundestagsabgeordnete, aber Amthor ist bereits der zweite, der durch zweifelhafte Engagements auffällt.

Die Abgeordnete Karin Strenz hatte Geld von einer Lobbyfirma genommen, die vom Regime in Aserbaidschan finanziert wird. Gleichzeitig stimmte Strenz in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates gegen eine Forderung zur Freilassung politischer Gefangener in Aserbaidschan. Trotzdem wurde Strenz nicht aus der Unionsfraktion ausgeschlossen, sie sitzt bis heute für die CDU im Bundestag.

Doch der Fall Amthor offenbart nicht nur Schwächen der CDU, sondern auch, dass die Transparenzpflichten im Bundestag bei Weitem nicht ausreichen. Es gibt noch immer kein Lobbyregister - vor allem wegen des Widerstands der Union. Auch die Kontrolle der Nebentätigkeiten der Abgeordneten ist unzureichend. Das hat erst vor ein paar Wochen der Fall Max Straubinger deutlich gezeigt.

Der Bundestag muss sich endlich wirksame Kontrollpflichten auferlegen

Die Verhaltensregeln des Bundestages verpflichten die Abgeordneten, Nebeneinkünfte innerhalb von drei Monaten zu melden. Der CSU-Abgeordnete Straubinger hat dagegen fast 20 Mal verstoßen, das erste Mal im Jahr 2011. Aber erst jetzt - neun Jahre danach - wurde Straubinger dafür vom Bundestagspräsidium das erste Mal öffentlich gerügt. Auf die Verhängung eines Ordnungsgeldes, auch das wäre möglich gewesen, verzichtete das Präsidium. Solange derart lax mit Verstößen umgegangen wird, helfen die besten Verhaltensregeln nichts.

Gegen die Aserbaidschan-Lobbyistin Strenz verhängte das Bundestagspräsidium im vergangenen Jahr zwar ein Ordnungsgeld in Höhe von fast 20 000 Euro. Aber nicht wegen ihres dubiosen Einsatzes, sondern nur dafür, dass die sie Einkünfte nicht rechtzeitig gemeldet hat.

Amthors Fehlverhalten ist also nicht nur ein Warnsignal für die CDU, sondern auch für den Bundestag: Wenn ihm sein Ruf wichtig ist, muss das Parlament die Fälle Strenz, Straubinger und Amthor jetzt zum Anlass nehmen, sich endlich tatsächlich wirksame Transparenz- und Kontrollpflichten aufzuerlegen. Denn die derzeitige Praxis gefährdet die Glaubwürdigkeit des Bundestags. Es ist nicht hinnehmbar, dass Aktienoptionen, wie sie Amthor erhalten hat, bisher nicht offengelegt werden müssen. Und erst recht ist es nicht vermittelbar, dass es immer noch kein Lobbyregister gibt.

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