Ampel-Konflikte:SPD fordert "weniger Theater" in Koalition

Ampel-Konflikte: Robert Habeck (Grüne) hat diese Woche öffentlich gemacht, dass er mit der Zusammenarbeit in der Koalition unzufrieden ist. Andere sind es auch.

Robert Habeck (Grüne) hat diese Woche öffentlich gemacht, dass er mit der Zusammenarbeit in der Koalition unzufrieden ist. Andere sind es auch.

(Foto: Bernd Elmenthaler/IMAGO)

Die Probleme in der Bundesregierung häufen sich. Die Grünen hätten gern mehr Führung vom Kanzler, die FDP wiederum mehr Realismus beim Ausgeben von Geld. Die SPD ist zunehmend genervt.

Von Claus Hulverscheidt und Georg Ismar, Berlin

In Anbetracht der Konflikte in der Ampelkoalition wirft die SPD FDP und Grünen zu viel Bemühen um öffentliche Profilierung vor, statt intern nach Lösungen zu suchen. "Selbstdarstellung hilft niemandem", sagte der Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich der Süddeutschen Zeitung. "Die SPD beteiligt sich an den sachlichen Diskussionen vor allem hinter den Kulissen, um Probleme aufzulösen." In der Debatte um die von der FDP geforderte beschleunigte Realisierung von Autobahnprojekten stellte sich Mützenich an deren Seite: "Der Bundeswegeplan gilt. Wir brauchen auch Vorhaben, um Lücken zu schließen und neue Engpässe zu verhindern."

Am Sonntag trifft sich der Koalitionsausschuss, Kanzler Olaf Scholz (SPD) hält sich bisher bedeckt, wie er die vielen Streitthemen mit den Partei- und Fraktionsspitzen lösen will. Dazu gehört auch der von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) forcierte Plan zum Austausch alter Öl- und Gasheizungen. Die Grünen fordern mehr Führung vom Kanzler ein, die SPD wiederum warnt die Grünen, dass die Klimapolitik nicht zu sozialen Verwerfungen führen dürfe.

Der SPD-Abgeordnete Adis Ahmetović sagte der SZ, er könne Grünen und FDP nur raten, "das öffentliche Theater zu unterlassen". Die Menschen sehnten sich nach einer lösungsorientierten und kompromissbereiten Politik in Zeiten großer Herausforderungen.

Der Druck auf die Ampel ist auch gewachsen, weil für viele Pläne, etwa um den Klimaschutz zu verstärken, kaum Geld da ist. Zudem belasten die Folgen des russischen Krieges in der Ukraine den Haushalt. Mützenich hatte sich daher offen gezeigt für Ideen, den mit 200 Milliarden Euro gefüllten Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) anzuzapfen - etwa für das geplante Heizungsprogramm, mit dem der Wärmeverbrauch im Land klimafreundlicher werden soll. Der WSF-Schirm war zur Dämpfung der hohen Energiekosten als Entlastungsmaßnahme eingerichtet worden, bisher wurden aber erst etwas mehr als 30 Milliarden Euro daraus verbraucht.

Im FDP-geführten Finanzministerium stießen die Überlegungen in der SPD für eine Umwidmung von WSF-Mitteln auf entschiedenen Widerstand: "Niemals!", hieß es am Donnerstag im Umfeld von Ressortchef Christian Lindner. Aus Ministeriumskreisen verlautete, der WSF sei ein Fonds für eine eng umrissene "außergewöhnliche Notsituation", nur deshalb habe man ihn überhaupt über die Grenzen der verfassungsrechtlich verankerten Schuldenbremse hinaus mit Krediten befüllen können. Entsprechend dürften die Mittel auch nur zur Abfederung der extrem gestiegenen Gas- und Strompreise nach dem russischen Überfall auf die Ukraine eingesetzt werden. "Eine nachträgliche Erweiterung der gesetzlichen Zweckbindung würde gegen diesen grundgesetzlichen Rahmen verstoßen", hieß es.

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai mahnte SPD und Grüne zu mehr Realismus. "Wir haben kein gemeinsames Grundverständnis in der Bundesregierung, was die finanzpolitische Realität betrifft", sagte Djir-Sarai der Deutschen Presse-Agentur. Solide Finanzpolitik sei das beste Mittel im Kampf gegen die Inflation. Mit zu vielen neuen Schulden schwäche die Regierung ihre Handlungsfähigkeit. Da die Zinsen deutlich gestiegen sind, muss Lindner schon jetzt höhere Milliardensummen als geplant dafür aufbringen.

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