Sondierungen zum Ampel-Bündnis:Rot-grün-gelbe Erwartungsmanager

Sondierungsgespräche

Nach oben soll es gehen: Volker Wissing, rheinland-pfälzischer Minister und FDP-Generalsekretär, SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil und Michael Kellner, Politischer Bundesgeschäftsführer der Grünen.

(Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Auf ein Scheitern der Gespräche von SPD, Grünen und FDP wäre die Öffentlichkeit kaum vorbereitet - deshalb verraten die drei Parteien lieber schon jetzt, wo es noch Konflikte gibt.

Von Daniel Brössler, Berlin

Die Ansage war kurz und knapp: "Am Montag wird es über Ankunft-Bilder hinaus keine Pressesituation vor Ort geben", teilte die FDP-Pressestelle mit und setzte "keine" vorsichtshalber in Versalien. SPD, Grüne und FDP mögen in vielen inhaltlichen Fragen noch auseinanderliegen. Wenn es aber darum geht, die Sondierungsgespräche zur Bildung einer Ampel-Regierung abzuschirmen, beweisen sie bereits koalitionären Zusammenhalt. Am Donnerstag nach der ersten Dreierrunde hatten die Generalsekretäre ganz in diesem Sinne angekündigt, man werde aus den für diesen Montag und Dienstag und Freitag in Berlin angesetzten Verhandlungen keine "Zwischenergebnisse" verkünden.

Die drei Parteien wollen es besser machen als bei den Jamaika-Sondierungen zwischen Union, Grünen und FDP 2017, die geprägt gewesen waren von Indiskretionen und gegenseitigem Misstrauen. Das scheint bisher zu funktionieren, schafft aber auch ein Problem. Die friedliche Stille und die harmonischen Bilder könnten den womöglich falschen Eindruck erwecken, alles sei bereits auf gutem Weg. Auf Blockaden oder gar ein Scheitern wäre die Öffentlichkeit kaum vorbereitet. Die neueste Herausforderung heißt daher: Erwartungsmanagement.

Den Anfang machte der Co-Vorsitzende der Grünen Robert Habeck. "Wir haben inhaltlich jede Menge Konflikte, deswegen darf die vertrauensvolle Atmosphäre und das Bemühen, der Form nach auch einen anderen Stil zu prägen, nicht darüber hinwegtäuschen, dass es noch lange nicht durch ist und dass die Differenzen zwischen den Parteien teilweise erheblich sind", sagte er im Deutschlandfunk. Diese Konflikte müssten noch gelöst werden. Um das zu illustrieren, plauderte Habeck dann eben doch ein wenig aus den bisherigen Sondierungen, ohne wirklich Überraschendes preiszugeben. "Es gab", bekannte er, "jede Menge Punkte, über die gerungen, gestritten und die teilweise nicht gelöst wurden."

"Erkennbare Differenzen"

Konkret nannte Habeck ein Konfliktfeld, das aufgrund diametral entgegengesetzter Ansagen im Wahlkampf auf der Hand liegt. Es gebe "erkennbare Differenzen zwischen uns und vielleicht auch der SPD und der FDP beim Thema Finanzen". Das betreffe nicht nur den Haushalt, "sondern auch die investiven Möglichkeiten", Geld für den Klimaschutz bereitzustellen - und zwar nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa. Auch dieser Streit bahnte sich im Wahlkampf bereits an. Während die FDP nach der Corona-Krise möglichst schnell zurück will zu den strengen Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts in der Europäischen Union, betonten SPD und Grüne den Investitionsbedarf.

Wie dick das zu bohrende Brett im Finanzbereich ist, illustrierten am Wochenende auch Äußerungen aus der FDP. "Alle Gesprächspartner kennen unsere Forderungen: keine Steuererhöhungen und kein Aufweichen der Schuldenbremse", sagte FDP-Generalsekretär Volker Wissing der Bild am Sonntag. Die FDP halte daran fest: "Schulden schaffen keine Zukunft." Auch FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki stellte klar, dass die FDP die vom Parteivorsitzenden Christian Lindner gezogenen roten Linien nicht überschreiten werde. "Wer erwartet, dass die Freien Demokraten am Ende Steuererhöhungen zustimmen werden, den muss ich enttäuschen. Steuererhöhungen wird es nicht geben, sonst gäben wir unsere Existenz auf", warnte er in der Welt am Sonntag. Über alles Weitere werde man "reden können - und müssen".

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