Die Ampelkoalition ist nach rund drei Jahren zerbrochen. Am 15. Januar will Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag die Vertrauensfrage stellen, danach dürften Neuwahlen folgen. In Deutschland ist dieser Fall sehr selten – der Weg dorthin dennoch genau festgelegt. Im Grundgesetz steht, wie es nun weitergeht.
Wie werden die Neuwahlen eingeleitet?
Es beginnt mit der Vertrauensfrage: Nach Artikel 68 des Grundgesetzes kann der Bundeskanzler im Bundestag beantragen, ihm das Vertrauen auszusprechen. Erhält er keine Mehrheit, kann der Kanzler den Bundespräsidenten bitten, das Parlament aufzulösen. Das tat zuletzt Gerhard Schröder (SPD) im Jahr 2005.
Jedoch ist dieses Vorgehen umstritten, weil es nicht – wie im Grundgesetz intendiert – darauf abzielt, das Vertrauen ausgesprochen zu bekommen, sondern gerade im Gegenteil: Es geht dem Kanzler darum, die nötige Mehrheit zu verfehlen. Man spricht daher auch von einer „unechten Vertrauensfrage“. Scholz gab in seinem Statement zur Entlassung von Finanzminister Christian Lindner (FDP) bereits den Tenor vor, als er sagte: „Es gibt keine Vertrauensbasis für eine weitere Zusammenarbeit.“
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Was folgt nach der Vertrauensfrage?
Wenn Scholz die Vertrauensfrage im Parlament stellt und keine Mehrheit bekommt, wird er im nächsten Schritt den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier bitten, den Bundestag aufzulösen. Dafür hat dieser nach Artikel 68 maximal 21 Tage Zeit. Steinmeier ist nach dem Grundgesetz allerdings nicht verpflichtet, dies zu tun. Macht er es, dann muss gemäß Artikel 39 innerhalb von 60 Tagen ein neuer Bundestag gewählt werden.
2005 verlor Schröder am 1. Juli wie gewünscht die Vertrauensfrage im Bundestag. Am 13. Juli schlug er Bundespräsident Horst Köhler die Auflösung des Bundestages vor, was dieser am 21. Juli tat. Zugleich setzte Köhler eine Neuwahl für den 18. September an. Scholz hat bereits angekündigt, dass Neuwahlen im März 2025 folgen könnten.
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Was passiert in der Übergangszeit?
Auch nach der Auflösung des Bundestages ist Deutschland nicht politisch führungslos. Der Kanzler und sein Kabinett – mit Ausnahme der FDP-Vertreter – bleiben im Amt. Das gilt auch für den Fall, dass nach der vorgezogenen Neuwahl die Koalitionsbildung schwierig wird. Denn Artikel 69 Grundgesetz sieht vor, dass der Kanzler auf Ersuchen des Bundespräsidenten verpflichtet ist, die Amtsgeschäfte bis zur Ernennung eines Nachfolgers weiterzuführen.
Gleiches gilt für Bundesminister, wenn sie der Bundespräsident oder der Bundeskanzler darum ersuchen. Die Aufgaben der ausgeschiedenen FDP-Kabinettsmitglieder können von anderen Ressortchefs übernommen werden. Der Kanzler kann aber auch Nachfolger vorschlagen und vom Bundespräsidenten ernennen lassen. Die Zustimmung des Bundestages braucht es dafür nicht.
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Was will die aktuelle Regierung noch schaffen?
Vor der Auflösung des Bundestages will Kanzler Scholz nach eigenen Angaben noch wichtige Projekte wie die Stabilisierung der Rente oder die Umsetzung der Regeln des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems durch Bundestag und Bundesrat bringen. Sein Problem dabei: Er ist nun der Chef einer Minderheitsregierung und muss auf Unterstützung aus den Reihen der Opposition hoffen. Scholz hat deshalb angekündigt, das Gespräch mit dem CDU-Vorsitzenden und Unionsfraktionschef Friedrich Merz zu suchen.