Grüne:Habeck warnt vor dem Koalitions-Aus – und macht ein Angebot

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Vizekanzler Robert Habeck fallen am Montag reihenweise Gründe ein, warum die Regierung zum Regieren verdammt ist. (Foto: John MacDougall/AFP)

„Dies ist die schlechteste Zeit, dass die Regierung scheitert“, warnt der Vizekanzler. Um den Haushalt zu retten, will er nun auch Milliarden freigeben, die eigentlich für etwas anderes vorgesehen waren.

Von Markus Balser, Michael Bauchmüller, Berlin

Robert Habeck redet nicht lang, aber die Botschaft wird klar: Der Mann will um die Koalition kämpfen. Am Mittag noch hatten er und auch Finanzminister Christian Lindner (FDP) mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) zusammengesessen, am späten Nachmittag dann lädt Habeck zu einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz in sein Ministerium. „Natürlich ist die Regierung in schwerem Fahrwasser“, sagt er. „Aber dies ist die schlechteste Zeit, dass die Regierung scheitert.“ Mehr noch: Die Regierung sei geradezu in der Pflicht, das Land durch diese Zeit zu steuern. Das Vorrücken russischer Truppen in der Ukraine, die Wahl in den USA, die schwierige Lage der deutschen Wirtschaft – Habeck fallen reihenweise Gründe ein, warum die Regierung zum Regieren verdammt ist.

Vor allem die FDP hatte zuletzt offen gelassen, ob die Koalition an ihrem Haushaltsstreit zerbrechen kann. Für Mittwoch ist ein Koalitionsgipfel anberaumt, das Ende ist in jeder Hinsicht offen. Aber zumindest Habeck will es nicht gewesen sein. „Wenn der Haushalt scheitert, treten wir in eine lange Hängepartie ein“, warnt er, „in einer schwierigen Zeit.“ Und dann macht er ein Angebot.

Zu Lindners jüngsten Vorschlägen äußert sich Habeck nicht

Jene Milliarden, die ursprünglich mal den Chipkonzern Intel nach Sachsen-Anhalt locken sollten, könnten „einen Beitrag leisten, die Haushaltslücke zu reduzieren“, sagt Habeck. Das richtet sich vor allem an Lindner. Im September, nachdem Intel das Projekt auf Eis gelegt hatte, war genau das Lindners Forderung gewesen. Alles andere sei „keine verantwortungsvolle Politik“. Habeck dagegen hatte darauf bestanden, die Mittel weiterhin im Klima- und Transformationsfonds zu halten – aus ihm hatte der Zuschuss finanziert werden sollen. Insgesamt zehn Milliarden Euro hatte der Bund dem US-Konzern in Aussicht gestellt. Wie viel davon nach Ansicht des Wirtschaftsministeriums in den Haushalt fließen soll, blieb zunächst offen. Auch der Fonds selbst soll mit weniger Geld auskommen, gleichzeitig aber auch den Ausbau erneuerbarer Energien oder alle möglichen Förderprogramme finanzieren.

Zu Lindners jüngsten Vorschlägen für eine „Wirtschaftswende“ äußert sich Habeck nicht. Stattdessen fordert er seine Koalitionspartner auf, nun rasch die vereinbarte Wachstumsinitiative zu beschließen. Diese allein könne bis zu einem halben Prozentpunkt Wachstum bringen. „Wer sie nicht umsetzt, muss sich dann fragen lassen, wie er oder sie es verantwortet, diesen Wachstumsimpuls nicht zu bringen.“ Das ist dann aber auch schon der einzige unfreundliche Ton an seine Koalitionspartner.

Habeck liegt ganz auf der Linie seiner Partei – und umgekehrt. Eindringlich hatte zuvor bereits Noch-Grünen-Chef Omid Nouripour vor einem Scheitern der Ampel-Koalition in den nächsten Tagen gewarnt. „Wir wollen den Bruch nicht. Wir gehen auch davon aus, dass andere vertragstreu sind und wir die Arbeit, die wir hier miteinander machen, zu Ende bringen“, sagte er am Montag nach einer Sitzung des Grünen-Vorstands in Berlin.

In der Grünen-Spitze wächst derzeit spürbar die Sorge vor einem Bruch der Koalition zur Unzeit. „Das vergrößert die Unsicherheit in extrem unsicheren Zeiten“, sagte Nouripour weiter und forderte von Kanzler Scholz und Finanzminister Lindner eine rasche Lösung im Haushaltsstreit: „Es sitzen ein ehemaliger und ein jetziger Finanzminister beieinander am Kabinettstisch.“ Auch bei schwieriger Kassenlage „sollte es da möglich sein, einen Haushalt hinzukriegen“. Ganz ähnlich klingt das an diesem Montag auch bei Habeck. Die Haushaltslücke zu stopfen, sagt er, sei „eine lösbare Aufgabe“.

 

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