Süddeutsche Zeitung

Bundesregierung:Das Ziel heißt "Klimaclub"

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Die Ampel-Regierung bereitet auf ihrer ersten Klausurtagung den G-7-Gipfel in Schloss Elmau vor. Das Treffen unter deutscher Präsidentschaft soll den globalen Klimaschutz voranbringen.

Von Daniel Brössler und Cerstin Gammelin, Berlin

Sechs Wochen nach ihrem Amtsantritt hat sich die Bundesregierung auf ihrer ersten Klausurtagung auf ein Arbeitsprogramm für die deutsche G-7-Präsidentschaft verständigt. Sie wird unter das Motto "Fortschritt für eine gerechte Welt" gestellt - und soll so den Regierungsvertrag der Ampel-Koalition, der mit dem Motto "Mehr Fortschritt wagen" überschrieben ist, offenkundig auf eine globale Ebene heben. Höhepunkt der deutschen Präsidentschaft ist der G-7-Gipfel in Elmau Ende Juni.

"Wir wollen erreichen, dass nicht jedes Land für sich alleine geht, sondern dass sie sich zusammentun zu einem Klimaclub, in dem auf unterschiedliche Weise, aber gemeinsam vorangegangen wird, damit wir es schaffen, klimaneutral zu werden zur Mitte dieses Jahrhunderts", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Freitag zum Abschluss der Klausur, die wegen der Pandemie nicht im Gästehaus der Bundesregierung in Meseberg stattfand, sondern im Kanzleramt. Die deutsche Präsidentschaft sei stark geprägt vom "Fokus auf Nachhaltigkeitsthemen", betonte Vizekanzler Robert Habeck (Grüne). Länder, die sich für eine klimaneutrale Zukunft engagierten, sollten "auch ökonomisch profitieren".

Mit dem "Klimaclub" soll eine Idee Konturen kriegen, die Scholz bereits als Finanzminister verfolgt hatte. Schon vor Beginn der Klausur hatte Scholz von einem "offenen Club, der eine Einladung für viele darstellt", gesprochen. Das gelinge "am besten, wenn die Industrieländer, insbesondere die demokratischen Industrieländer, hierbei vorangehen". Im Kern geht es bei dem Vorhaben darum, die nationalen Programme zur Klimaneutralität aufeinander abzustimmen, damit diese nicht zu neuen Handelshemmnissen führen. Erreicht werden soll eine stärkere Vergleichbarkeit von Maßnahmen wie der CO₂-Bepreisung, finanziellen Anreizen oder Regulierung.

Ein Angriff auf die Ukraine würde alles verändern

Nach den Worten von Finanzminister Christian Lindner (FDP) will Deutschland die G-7-Präsidentschaft nutzen, um die aufgrund der Pandemie weltweit massiv angestiegenen Schuldenstände in den Blick zu nehmen. Man wolle über die "Stabilität von Währungen, Wirtschaftsräumen und Märkten sprechen". Ziel sei, "aus dem Krisenmodus in den Präventionsmodus zu kommen". Deutschland gehe es überdies um weltweiten Gesundheitsschutz, betonte Kanzler Scholz. "Wir sind alle gemeinsam verpflichtet, gegen die Pandemie vorzugehen und die Bürgerinnen und Bürger zu schützen", sagte er. Es gehe um ein "starkes Miteinander".

Alle Pläne der Bundesregierung dürften allerdings in den Hintergrund treten, wenn Befürchtungen sich bewahrheiten, dass Russlands Präsident Wladimir Putin einen Angriff auf das Nachbarland Ukraine plant. An die deutsche G-7-Präsidentschaft würde sich dann die Erwartung richten, für eine geschlossene Reaktion des Westens zu sorgen. Russland war nach der Annexion der Krim 2014 aus der Gruppe ausgeschlossen worden. Seitdem gilt sie wieder als Interessengemeinschaft der führenden westlichen Demokratien. Genau diese Rolle hatte während der Präsidentschaft von Donald Trump in den USA allerdings massiv gelitten.

Mit Trumps Nachfolger Joe Biden will Scholz schon deshalb Gemeinsamkeit demonstrieren. Eine Einladung zum Antrittsbesuch in Washington an diesem Montag konnte Scholz wegen der an diesem Tag geplanten Bund-Länder-Runde zwar nicht annehmen, aber der Termin soll Anfang Februar nachgeholt werden. Neben der Kriegsgefahr dürfte es sich dann auch um Bidens Bemühungen drehen, die Demokratien gegen den Vormarsch der Autokratien zu wappnen. Das ist ein Anliegen, das die Bundesregierung unter der Überschrift "Starkes Miteinander" auch ins G-7-Programm aufgenommen hat. Eine der Fragen ist dabei, wie sich Demokratien gegen Desinformation oder Cyber-Angriffe wehren können.

Konkurrenz zu China nicht allzu sehr betonen

Auch globale Infrastrukturprogramme sollen auf der G-7-Agenda bleiben. Zumindest aus US-Sicht ist das mit dem Ziel verbunden, China und seiner Seidenstraßen-Initiative etwas entgegenzusetzen. Wie schon seiner Vorgängerin Angela Merkel ist allerdings auch Scholz nicht daran gelegen, die Konkurrenz zu China allzu sehr zu betonen.

Gesprochen wurde auf der Klausur auch über die "ganz großen, ehrgeizigen Vorhaben" für Deutschland selbst, etwa beim Ausbau der digitalen Infrastruktur und der Beschleunigung von Planungsverfahren. Beschäftigen mussten sich die Ampel-Koalitionäre zudem mit den extrem steigenden Energiepreisen. Um die unter hohen Sprit- und Stromkosten sowie Heizpreisen ächzenden Verbraucher zu entlasten, prüft die Koalition eine frühere Abschaffung der EEG-Umlage schon in diesem Jahr. Eigentlich wollten SPD, Grüne und FDP die Umlage zur Förderung von Ökostrom erst von 2023 an nicht mehr über die Stromrechnung der Verbraucher, sondern aus dem Bundeshaushalt finanzieren. Die Haushalte soll das im Schnitt um 300 Euro im Jahr entlasten.

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