Süddeutsche Zeitung

Amoklauf in München:Drei Menschen schweben noch in Lebensgefahr

  • Nach dem Amoklauf in München steigt die Zahl der Verletzten auf 35; zehn von ihnen gelten als schwerverletzt.
  • Bundesinnenminister de Maizière will prüfen, ob die Waffengesetze in Deutschland zu lax sind.
  • SPD-Chef Gabriel fordert, "den Zugang zu tödlichen Waffen zu begrenzen".

Drei Menschen schweben nach dem Amoklauf von München noch immer in Lebensgefahr. Das sagte ein Sprecher des Landeskriminalamtes am Sonntag. Zehn Menschen hatten bei dem Amoklauf am Freitag schwere Verletzungen erlitten. Insgesamt wurden am Freitagabend 35 Menschen verletzt.

De Maizière erwägt schärfere Waffengesetze

Mitglieder der Bundesregierung bringen nach der Tat schärfere Waffenkontrollen ins Spiel. Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagte, es müsse ermittelt werden, wie sich der Täter David S. die Waffe beschafft habe. "Dann müssen wir sehr sorgfältig prüfen, ob und gegebenenfalls wo es noch gesetzlichen Handlungsbedarf gibt", sagte der CDU-Politiker der Bild am Sonntag.

Die bestehenden Waffengesetze seien bereits sehr streng, sagte de Maizière. Auf europäischer Ebene solle mit einer geplanten Waffenrichtlinie weiterer Fortschritt erreicht werden.

"Hinsehen und intervenieren - gerade bei Jugendlichen".

Vizekanzler Sigmar Gabriel fordert schärfere Waffenkontrollen. Ein labiler oder sogar psychisch kranker 18-Jähriger dürfe nicht an Schusswaffen gelangen, sagte der SPD-Vorsitzende den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Es müsse alles getan werden, um "den Zugang zu tödlichen Waffen zu begrenzen und streng zu kontrollieren. Zudem müssten Staat und Gesellschaft bei psychisch instabilen Menschen "hinsehen und intervenieren - gerade bei Jugendlichen".

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte in der Welt am Sonntag, dass "wir in extremen Situationen" wie Terroranschlägen "auch in Deutschland auf die Bundeswehr zugreifen können".

Was über den Amoklauf am Freitag in München bekannt ist:

Der 18-jährige Schüler David S. begann am frühen Freitagabend in einem McDonald's im Nordwesten der Stadt einen Amoklauf, schießt auf dem Platz davor und später im Olympia-Einkaufszentrum um sich. Er tötet neun Menschen, verletzt viele weitere - und versetzt ganz München in Angst, bevor er sich selbst vor den Augen der Einsatzkräfte erschießt. Die Polizei betont, dass S. einen Amoklauf und keinen Terroranschlag geplant hatte.

Die wichtigsten Entwicklungen des Wochenendes:

  • Die Zahl der Verletzten ist nach dem Amoklauf von München auf 35 gestiegen; zehn von ihnen gelten als schwer verletzt, drei schweben noch in Lebensgefahr.
  • Die Polizei hat die Wohnung der Familie des Täters im Münchner Stadtteil Maxvorstadt durchsucht. Dabei hat sie mehrere verdächtige Gegenstände gefunden, die auf einen Amok-Hintergrund hindeuten - beispielsweise Zeitungsartikel und ein Buch mit dem Titel: "Amok im Kopf: Warum Schüler töten".
  • Am Freitag vor genau fünf Jahren hatte Anders Behring Breivik in Norwegen 77 Menschen getötet. Der Münchner Täter habe sich intensiv mit Amokläufen beschäftigt, sagte die Polizei. Deswegen liege es auf der Hand, dass es eine Verbindung zwischen S. und Breivik gebe.
  • Die Opfer sind vor allem Jugendliche und junge Erwachsene. Drei waren erst 14 Jahre, zwei 15 Jahre alt. Weitere Todesopfer waren 17, 19 und 20 Jahre, eine Tote 45 Jahre alt.
  • Sie alle wohnten laut den Ermittlern in München und Umgebung. Es seien keine Touristen betroffen.
  • Drei Tote sind kosovarische Staatsbürger, teilte die Regierung des Landes mit. Drei weitere sind nach Angaben des türkischen Außenministeriums Türken. Zudem ist ein Grieche unter den Opfern, vermeldet das griechische Außenministerium.
  • Angela Merkel lobte in Berlin die Arbeit der Polizei in Bayern: "Sie sind im besten Sinne Helfer und Beschützer der Bürger." Die Kanzlerin betonte: "Immer sind es Orte, an denen jeder von uns hätte sein können." Horst Seehofer sprach von einem "schweren Schicksalsschlag für alle in ganz Bayern".
  • Im Verlauf des Freitagabends war zunächst von einer Terrorlage mit bis zu drei Verdächtigen die Rede. Der Grund: Mehrere Menschen, darunter offenbar auch in Zivil gekleidete Polizeibeamte, wurden irrtümlich als Verdächtige wahrgenommen. Spekulationen über weitere Schießereien an anderen Orten in München zerschlugen sich im Laufe der Nacht.

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