Im Äthiopien-Konflikt soll es zu einem Massaker gekommen sein. Menschenrechts-Aktivisten zufolgen haben Truppen aus dem benachbarten Eritrea systematisch hunderte Zivilisten getötet. Zu dem zweitägigen Massaker sei es in der Stadt Axum in der Region Tigray Ende November gekommen, teilte Amnesty International am Freitag mit. Augenzeugen berichteten demnach, dass Bewohner der Stadt getötet, Häuser willkürlich beschossen und Gebäude geplündert worden seien.
Während der Offensive zur Einnahme Axums hätten äthiopische und eritreische Truppen etliche Kriegsverbrechen begangen, sagte Deprose Muchena, der Leiter für Ostafrika und das südliche Afrika bei Amnesty International. "Darüber hinaus haben eritreische Truppen randaliert und systematisch hunderte Zivilisten kaltblütig getötet, was nach einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit aussieht." Amnesty sprach nach eigenen Angaben mit 41 Überlebenden und Augenzeugen sowie mit 20 weiteren Menschen, die Kenntnisse von dem Massaker haben.
Äthiopien:Der Lauf der Dinge
"Krieg ist die Hölle", sagte Abiy Ahmed, als er 2019 den Friedensnobelpreis bekam. Jetzt führt der äthiopische Präsident selber Krieg. Von einem Land, das sich fand, um sich gleich wieder zu verlieren.
Anwohner sagten demnach, dass die Opfer keine Waffen gehabt hätten und viele vor den Soldaten weggelaufen seien, bevor sie erschossen wurden. Ein Bewohner der Stadt berichtete laut Amnesty, er habe durch sein Fenster beobachtet, wie eritreische Soldaten sechs Männer auf der Straße aufgereiht und mit einem Maschinengewehr von hinten erschossen hätten. "Diese Gräueltaten gehören zu den schlimmsten, die bisher dokumentiert wurden", betonte Deprose Muchena.
Die Menschenrechtsorganisation erfasste nach eigenen Angaben die Namen von mehr als 240 Todesopfern. Man habe die Opferzahl nicht unabhängig verifizieren können, allerdings sei es wegen der Aussagen der Augenzeugen sowie übereinstimmenden Beweisen plausibel, dass Hunderte Anwohner getötet worden seien, hieß es.
Die Regierung in Addis Abeba hatte im November eine Militäroffensive gegen die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) begonnen, die bis dahin in der gleichnamigen Region im Norden Äthiopiens an der Macht war. Hintergrund waren jahrelange Spannungen zwischen der TPLF und der Zentralregierung.
Inzwischen sind weitere Akteure beteiligt, darunter eritreische Truppen und Milizen. Hunderttausende Menschen in Tigray sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, allerdings haben Hilfsorganisationen wegen der Sicherheitslage und bürokratischen Hürden noch immer nicht Zugang zu allen Notleidenden.
Eritrea bestreitet, die äthiopische Armee unterstützt zu haben. Weil die Tigray-Region in Nordäthiopien für Hilfsorganisationen, Ermittler und Journalisten fast unzugänglich ist, gab es bisher kaum unabhängige Berichte über die Lage. Die äthiopische Regierung hatte am Mittwoch Vorwürfe zurückgewiesen, wonach sie Beobachtern den Zugang verweigere.