Presseerklärung von Chodorkowskij:Gnadengesuch ja, Schuldeingeständnis nein

A convoy of cars which are belived to carry former oil tycoon Khodorkovsky is escorted by German police as they leave the Schoenefeld airport in Berlin

Die Polizei eskortiert einen Autokonvoi, in dem vermutlich Michail Chodorkowskij sitzt

(Foto: Fabrizio Bensch/Reuters)

Kreml-Kritiker Chodorkowskij hat sich in einer Erklärung an die Presse gewandt: Er habe das Gnadengesuch gestellt - jedoch nicht seine Schuld eingestanden. "Die Frage nach einem Schuldeingeständnis hat sich nicht gestellt", sagte er.

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Russlands berühmtester Gefangener, der Kreml-Gegner Michail Chodorkowskij, wurde nach zehn Jahren Haft aus dem Straflager entlassen. Er war unter anderem wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden. Kritiker sprachen von politisch motivierten Prozessen, weil der Unternehmer Putin herausgefordert hatte.

  • Ankunft in Berlin: Der aus der russischen Haft entlassene Kreml-Kritiker ist auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld gelandet. Das bestätigten das Auswärtige Amt und der ehemalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher, der Michail Chodorkowskij am Flughafen abholte. Der frühere Öl-Milliardär hatte darum gebeten, nach Deutschland reisen zu dürfen, weil seine an Krebs erkrankte Mutter dort behandelt werde. Russische Medien - zum Beispiel die russische Nachrichtenagentur Rapsi, der Kommersant und die Internetzeitung Gazeta.ru - berichten nach Telefonaten mit der Mutter, dass Chodorkowskijs Mutter zwar tatsächlich in Berlin behandelt werde, sich im Moment jedoch in Russland befinde. Nach Informationen der Nachrichtenagentur AP wollen Vater und Mutter morgen von Moskau nach Berlin reisen.
  • Chodorkowskij stellte Gnadengesuch: Inzwischen hat sich Chodorkowskij mit einer Erklärung an die Presse gewandt. Er habe das Gnadengesuch gestellt - jedoch damit nicht seine Schuld eingestanden. "Die Frage nach einem Schuldeingeständnis hat sich nicht gestellt", sagte er der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Er bedankte sich zudem bei seinen Unterstützern und seiner Familie. "Ich kann den Moment kaum erwarten, meine Liebsten in die Arme zu schließen und meinen Freunden und Kollegen persönlich die Hand zu reichen." Dennoch sei er in Gedanken bei all jenen, die immer noch im Gefängnis säßen. Gesondert bedankte sich Chodorkowskij bei dem ehemaligen deutschen Außenminister Genscher für "seinen persönlichen Einsatz". Genscher hatte das Flugzeug für die Ausreise organisiert.
  • Die Rolle der Mutter: Dass der frühere Öl-Milliardär nach jahrelanger Weigerung Putin nun doch um Gnade gebeten hat, hängt mit dem schlechten Gesundheitszustand seiner an Krebs erkrankten Mutter Marina Chodorkowskaja zusammen. "Ich habe mich am 12. November an den Präsidenten gewandt mit der Bitte um Gnade angesichts familiärer Umstände und freue mich über die positive Entscheidung", teilte Chodorkowskij mit. Putin hatte die Freilassung seines Erzfeindes mit "humanitären Gründen" begründet. "Seine Mutter ist krank", sagte Putin.
  • Verhaltene Freude: Chodorkowskijs Freilassung wurde international begrüßt, gleichzeitig forderten viele Politiker weitere Schritte von Präsident Putin. "Das ist eine gute Nachricht", sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). "Das ist aber auch eine Nachricht, die uns darauf hinweist, dass wir die Gespräche mit Russland über Rechtsstaat und Menschenrechte auch in den nächsten Jahren mit Engagement weiterführen müssen." Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich erfreut. Der SPD-Außenpolitiker Gernot Erler wertet die Begnadigung als Ausdruck eines neuen Selbstbewusstseins von Präsident Putin. Sie zeige, dass dieser keine Angst mehr vor dem einstigen Rivalen habe. Außerdem wolle der Präsident offensichtlich vor den Olympischen Winterspielen in Sotschi auch das internationale Bild Russlands verbessern.​ ​

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