Süddeutsche Zeitung

Altersvorsorge:AfD einigt sich auf  ein Rentenkonzept

Auch Abgeordnete und Beamte sollen nach dem Willen der Partei künftig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Das Konzept gilt als Hinweis auf ein neues Kräfteverhältnis in der Partei.

Von Markus Balser, Berlin

Nach heftiger Auseinandersetzung zwischen den einflussreichen Parteilagern hat sich die AfD im Kern auf ein Rentenkonzept geeinigt. Abgeordnete, Selbstständige und ein Großteil der Beamten sollen laut Programmkommission künftig auch Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen. Das Konzept, das ein Sozialparteitag Ende April beschließen soll, sieht nur Ausnahmen für Polizisten, Staatsanwälte und andere mit hoheitlichen Aufgaben betraute Beamte vor. Sie sollten weiterhin Pensionen erhalten. Selbstständige sollen sich nur dann der gesetzlichen Rentenversicherung entziehen können, wenn sie eine private Altersvorsorge nachweisen. Der AfD-Antrag sieht zudem vor, die Zahl der Beamten insgesamt deutlich zu reduzieren. So sollen Lehrer gar nicht mehr verbeamtet werden. Die Entscheidung gilt als schwere Niederlage für Parteichef Jörg Meuthen, der noch härtere Einschnitte bis zur Abschaffung des Rentensystems in der heutigen Form gefordert hatte. Meuthen hatte im Herbst 2018 für eine steuerfinanzierte Mindestrente plädiert. Diese Idee findet sich in dem neuen Konzept nur noch in einem Passus mit der Überschrift "Ausblick" wieder. Dort heißt es, eine steuerbasierte Grundrente könnte nur mit einer umfassenden Steuerreform realisiert werden. Und: "Die Alternative für Deutschland wird sich der Diskussion über eine weitergehende Steuer- und Rentenreform nicht verschließen."

Die Partei will Eltern bei den Rentenbeiträgen unterstützen - und so die Geburtenrate steigern

Das Konzept trägt dagegen viel stärker die Handschrift des rechtsnationalen "Flügels". Es gilt daher auch als Hinweis auf ein neues Kräfteverhältnis in der Partei nach dem jüngsten Erstarken des "Flügel"-Vordenkers und Thüringer AfD-Landeschefs Björn Höcke. Die AfD bekenne sich "zur Solidarität und gegenseitigen Hilfe innerhalb unseres Volkes", heißt es schon in der Präambel. Das Papier lehnt Zuwanderung als Lösungsweg zur Finanzierung der Rente künftiger Generationen ab. Stattdessen setzt die AfD auf politische Instrumente, um die Geburtenrate zu erhöhen. Familien sollen demnach für jedes Kind 20 000 Euro Beiträge der Eltern zur Rentenversicherung aus Steuermitteln erstattet bekommen, ohne dass sich die Rentenansprüche dadurch verringern. Für jedes Kind mit deutscher Staatsbürgerschaft und Lebensmittelpunkt in Deutschland soll der Staat zudem bis zum 18. Lebensjahr 100 Euro monatlich auf ein Spardepot einzahlen. Allerdings konnte auch der "Flügel" seine Vorstellungen nicht vollständig durchsetzen. Das Konzept des Höcke-Lagers sah eigentlich vor, das Rentensystem noch auszubauen - inklusive eines Staatsbürgeraufschlags für Deutsche. Offen lässt die Partei einen entscheidenden Punkt: Wer für die zusätzlichen Ausgaben die Kosten übernehmen soll. Bislang geht die Parteiführung davon aus, dass sich die 600 Parteitagsdelegierten am 25. April für zwei Tage im baden-württembergischen Offenburg versammeln, um über den Antrag zu beraten und ihn final zu beschließen. Dabei könnte es weitere Diskussionen geben. Möglich ist, dass dort über Änderungsvorschläge abgestimmt wird. Eine Absage aufgrund des Coronavirus ist bislang nicht vorgesehen, sei aber je nach Lage möglich, heißt es in der Parteiführung.

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SZ vom 12.03.2020
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