Technisierte Ausspähung und Überwachung als Schwerpunkt
Acht Bürgerrechtsorganisationen ziehen eine kritische Bilanz zum Umgang mit Bürger- und Menschenrechten in Deutschland im Jahr 2014. Seinen Schwerpunkt legt der Bericht auf die Spähaffäre durch NSA und BND. Selbst zwei Jahre nach den Enthüllungen durch Edward Snowden habe sich in Fragen der Menschenwürde und der informellen Selbstbestimmung nichts getan, erklärte Constanze Kurz, Datenschutz-Expertin und Sprecherin des Chaos Computer Clubs, bei der Präsentation des alternativen Verfassungsschutzberichts in Karlsruhe.
Im Gegenteil: Durch technisierte Ausspähung und Überwachung werde immer hemmungsloser in die Grundrechte eingegriffen. "Es steht leider zu erwarten, dass wir auch 2015 noch tiefer in die Abgründe der Überwachung blicken müssen", so Kurz
"Die Gefährdung der Verfassung geht vom Staat aus", heißt es in der Einleitung zum aktuellen Grundrechte-Report, den die Bürgerrechtler heute in Karlsruhe vorgestellt haben. Dieser erscheint seit 1997 jährlich und versteht sich als "alternativer Verfassungsschutzbericht". Zu den Verfassern gehören die Humanistische Union, die Internationale Liga für Menschenrechte und die Neue Richtervereinigung. Sie wollen aufzeigen, in welchen Bereichen "staatliche Behörden Grundgesetz und Grundrechte immer wieder verletzen".
"Regierungsamtlich organisierte Verantwortungslosigkeit"
Harsche Worte findet in dem Report der Bremer Jurist und Publizist Rolf Gössner. Er kritisiert, dass der BND aus der Spähaffäre gestärkt hervorgehe, die Überwachungsmaschinerie also noch aufgerüstet werden solle. In Bezug auf die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens wegen der massenhaften Überwachung schreibt er von "Realitätsverleugnung" und "regierungsamtlich organisierter Verantwortungslosigkeit".
Der Jurist und Datenschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, befasst sich in dem Bericht mit den Plänen zur Vorratsdatenspeicherung. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte die Richtlinie wegen Verstoßes gegen europäische Grundrechte für nichtig erklärt. Doch das Urteil habe die Vorratsdatenspeicherung nur "vorläufig" stoppen können, schreibt Weichert in seinem Beitrag. Denn die Bundesregierung beabsichtige, die Maßnahme im Wege eines nationalen Alleingangs wiedereinzuführen.
Auf der Pressekonferenz in Karlsruhe berichtete Andreas Blechschmidt, einer der Sprecher der besetzten Roten Flora, von seinen Erfahrungen als Betroffener der Ausspähungsaktion durch das LKA Hamburg. Dessen verdeckte Ermittlerin habe nicht nur die politische Szene in Hamburg unterwandert, durch ihre aktive Mitarbeit in einem freien Radiosender sei auch die Pressefreiheit verletzt worden.