Tarifabschluss:Beschäftigte in der Altenpflege können auf mehr Geld hoffen

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Die Gewerkschaft Verdi einigt sich mit einem Arbeitgeberverband auf einen neuen Tarifvertrag. Der soll bald für alle gelten - doch ob es so kommt, ist noch nicht sicher.

Von Benedikt Peters, München

In der Welt der Gewerkschaften und Arbeitgeber gilt eine Regel: Es ist meist komplizierter, als es auf den ersten Blick wirkt. So verhält es sich auch mit den neuesten Nachrichten aus der Altenpflege: Die Gewerkschaft Verdi und die Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) haben sich auf einen Tarifvertrag geeinigt. Demnach soll es künftig deutlich höhere Mindestlöhne für die Beschäftigten geben: Das Einkommen für ausgebildete Pflegekräfte soll bis 2023 auf mindestens 18,75 Euro steigen. Für Hilfskräfte soll es mindestens 14,40 Euro geben - und damit knapp zwei Euro mehr als bisher vereinbart.

Doch das heißt noch nicht, dass in der Branche, in der die Beschäftigten seit Jahren über schlechte Bedingungen klagen, nun wirklich für alle eine bessere Bezahlung kommt. Zunächst betrifft der Tarifvertrag nur die Altenpfleger, die bei einem Arbeitgeber angestellt sind, der im BVAP Mitglied ist. Das sind zum Beispiel die Beschäftigten der Arbeiterwohlfahrt oder die des Arbeiter-Samariterbunds. Insgesamt gilt der neue Tarifvertrag nur für etwa 70 000 der 1,1 Millionen Altenpfleger in Deutschland.

Er könnte aber noch deutlich größere Kraft entfalten. Verdi und BVAP wollen beim Bundesarbeitsministerium beantragen, den Tarifabschluss für allgemeinverbindlich erklären zu lassen. Hat das Erfolg, dürfte keine Altenpflegeeinrichtung mehr niedrigere Löhne zahlen. Im Bundesarbeitsministerium steht man dem Vorhaben aufgeschlossen gegenüber. Dessen Chef Hubertus Heil (SPD) sagte Ende vergangenen Jahres, er plane, den Tarifvertrag für allgemeinverbindlich zu erklären.

Es kommt aber nicht alleine auf Heil an. BVAP und Verdi können den Antrag nur stellen, wenn Caritas und Diakonie mitmachen. Bei den Sozialverbänden der katholischen und der evangelischen Kirche arbeiten Hunderttausende Altenpfleger, für sie gilt das kirchliche Arbeitsrecht. Eine Sprecherin des Caritasverbands, der allein 163 000 Altenpflegekräfte beschäftigt, sagte der SZ, der Antrag werde derzeit geprüft. Die Diakonie teilt mit, sie unterstütze "das gemeinsame Ziel, die Arbeitsbedingungen in der Pflege flächendeckend zu verbessern". Der Vertrag müsse aber noch geprüft werden.

Harsche Kritik hingegen kommt von den privaten Arbeitgebern. Der Arbeitgeberverband Pflege, der ihre Interessen vertritt, hat angekündigt, gegen den Tarifvertrag zu klagen. Der Vorwurf lautet, der BVAP repräsentiere nur wenige Pflege-Arbeitgeber, Verdi nur wenige Beschäftigte. Damit sei die Gewerkschaft "tarifunfähig". Hat die Klage Erfolg, könnte das die Allgemeinverbindlichkeitsbestrebungen zunichtemachen. Scheitert sie jedoch und schwenken die Kirchen auf die Linie von Verdi und BVAP ein, dann könnten sich die Altenpfleger in Deutschland ab Sommer über mehr Geld freuen. Arbeitsminister Heil strebt die Allgemeinverbindlichkeitserklärung zum 1. August an.

Anmerkung: In einer früheren Version hieß es, der Berufsverband Pflege habe Klage eingereicht, das ist falsch. Es handelt sich um den Arbeitgeberverband Pflege. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

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