Süddeutsche Zeitung

Altenheime:Mindestlohn für Pflegekräfte

Die Vergütung soll bis 2022 steigen, darauf haben sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer geeinigt. Die SPD hat andere Ideen.

Die Mindestlöhne in der Altenpflege sollen deutlich steigen. Erstmals hat die zuständige Pflegekommission drei, nach Qualifikation unterscheidende, Mindestlöhne vorgeschlagen. Das Bundesarbeitsministerium teilte am Mittwoch in Berlin mit, es werde die Empfehlungen per Verordnung umsetzen. Der Kommission zufolge, in der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammenarbeiten, soll bis 1. April 2022 der Mindestlohn für Pflegehilfskräfte spürbar auf 12,55 Euro in Ost- und Westdeutschland angehoben werden. Ab 1. Juli 2021 soll es zudem erstmals einen Mindestlohn für Pflegefachkräfte von 15 Euro geben. Der bislang allein auf Hilfskräfte ausgerichtete Pflegemindestlohn liegt derzeit bei 11,35 Euro im Westen und 10,85 Euro im Osten. Im April läuft diese Regelung aus. Den ersten Erhöhungsschritt soll es am 1. Juli 2020 geben - auf 11,60 Euro im Westen und 11,20 Euro im Osten. Neu eingeführt werden sollen zum 1. April 2021 auch Mindestlöhne für qualifizierte Pflegehilfskräfte von 12,50 Euro im Westen und 12,20 Euro im Osten.

In drei Stufen soll die Lohnuntergrenze für diese angelernten Pflegekräfte mit einjähriger Ausbildung bis zum 1. April 2022 auf einheitlich 13,20 Euro steigen. Auch mehr Urlaubstage über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinaus sieht die Vereinbarung vor: jeweils sechs Tage mehr für 2021 und 2022.

Nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wird dieser Schritt Milliardensummen kosten. "Wir reden hier eher über Milliarden als über hunderte Millionen", sagte er. Spahn kündigte an, zur Jahresmitte einen Vorschlag für die Finanzierung vorzulegen. Es gehe darum, einen fairen Ausgleich zwischen dem, was die Pflegeversicherung übernehmen könne und was in der Verantwortung der Familien und Pflegebedürftigen und deren Eigenanteilen liege, zu finden. Neben höheren Löhnen soll auch die Anwerbung ausländischer Arbeitnehmer die Personalnot bei der Pflege in Deutschland lindern. In den vergangenen Jahren sind 5797 Pflegekräfte über ein spezielles Programm aus Bosnien und Herzegowina, Serbien, den Philippinen und Tunesien nach Deutschland gekommen. Davon wurden seit 2013 3577 Menschen direkt an Arbeitgeber vermittelt, 2220 sind ohne Vermittlung eingereist und haben eine Arbeit als Pflegekraft aufgenommen. Zudem besuchen derzeit in Vietnam 107 Personen einen Deutschsprachkurs, sie sollen ab Mitte 2020 nach Deutschland kommen. Mehr als die Hälfte der eingereisten Pflegekräfte kommt aus den Philippinen. Das geht aus der Antwort des Bundessozialministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion vor, die am Mittwoch vom Bundestag veröffentlicht wurde. Es handelt sich um das Projekt "Triple Win" der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der Bundesagentur für Arbeit (BA). Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte im Kosovo und in Mexiko, woher nun auch Pflegekräfte verstärkt angeworben werden, persönlich um Arbeitskräfte geworben. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) begrüßte die Empfehlung zu den Mindestlöhnen. Er blieb allerdings bei seiner Forderung nach einem Tarifvertrag für die gesamte Branche. Demgegenüber erklärte die Arbeitgeberseite des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), ein Branchentarifvertrag sei nicht mehr nötig. Auch die kirchlichen Dienstgeber zeigten sic zufrieden. "Insbesondere die Festlegung verschiedener Mindestlöhne nach Qualifikation ist für uns ein wichtiges Signal", heiß es aus dem Caritasverband. "Endlich spiegelt sich nun auch im Mindestlohn wieder, dass sich eine Ausbildung zur Pflegefachkraft lohnt." Die Diakonie sprach von einem "vernünftigen Kompromiss". Es gelte aber weiterhin, den Pflegeberuf "finanziell und gesellschaftlich aufzuwerten".

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SZ vom 30.01.2020 / kna, dpa
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