Alice Weidel soll Kanzlerkandidatin der AfD werden. Darauf haben sich die AfD-Vorsitzende und ihr Co-Vorsitzender Tino Chrupalla am Mittwoch in einem Vier-Augen-Gespräch verständigt, erklärte am Freitagnachmittag die AfD. Chrupalla werde Weidel dem AfD-Bundesvorstand Anfang Dezember als Kanzlerkandidatin vorschlagen. Zuerst hatte das Redaktionsnetzwerk Deutschland darüber berichtet. Die 45-Jährige war bereits zu den Bundestagswahlen 2017 (zusammen mit Alexander Gauland) und 2021 (zusammen mit Chrupalla) als Spitzenkandidatin angetreten, nun soll sie als Kanzlerkandidatin die herausragende Rolle im Wahlkampf alleine übernehmen.
Mit der Kanzlerkandidatur will die in Teilen rechtsextremistische Partei ihren Führungsanspruch unterstreichen und ihr Selbstverständnis als Volkspartei. Dieses Jahr hatte sie bei den Europawahlen und den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und zuletzt Brandenburg deutliche Gewinne verzeichnen können. Der Bundestag wird regulär im September 2025 neu gewählt.
Beide wollen gemeinsam den Wahlkampf führen
Laut der Partei sollen am 7. Dezember die AfD-Landesvorsitzenden und Anfang kommenden Jahres ein kleiner Parteitag, der sogenannte Konvent, über Weidels Kanzlerkandidatur abstimmen. Ziel sei es, den Personalvorschlag „geschlossen“ im März dem AfD-Bundesparteitag vorzulegen. Dieser trifft die endgültige Entscheidung. Aus Kreisen der Parteiführung hieß es, Weidel und Chrupalla hätten sich ohne Streit verständigt; Chrupalla hat die Entscheidung demnach gegenüber Landesvorsitzenden damit begründet, dass Weidel nach außen die größere Wirkung entfalten könne. Trotz der Kanzlerkandidatur wollten beide gemeinsam den Bundestagswahlkampf bestreiten, hieß es.
Chrupalla hatte bereits im Sommer angedeutet, dass er Weidel den Vortritt lassen könnte. „Alice Weidel wäre eine sehr gute Kanzlerkandidatin, was ich auch unterstützen würde“, sagte Chrupalla in einem ARD-Interview. Weidel führt seit 2017 die AfD-Bundestagsfraktion, seit 2021 zusammen mit Chrupalla. Seit 2022 bilden sie auch an der Parteispitze ein Führungsduo.
Die promovierte Ökonomin Weidel lebt mit ihrer Partnerin und deren leiblichen Kindern in der Schweiz, hat aber auch in Deutschland einen Wohnsitz. Sie gilt vor allem in Westdeutschland als zugkräftiger als ihr Co-Vorsitzender Tino Chrupalla. Der Malermeister aus Sachsen ist vor allem in Ostdeutschland gut vernetzt. Beide waren beim jüngsten AfD-Bundesparteitag in Essen mit etwa 80 Prozent als Parteichefs bestätigt worden. Das ist für die AfD, in der Führungsfiguren auf Parteitagen oft und gnadenlos abgestraft wurden, ein geradezu verdächtig hoher Wert. Weidel war in der Vergangenheit immer wieder durch schärfste Rhetorik aufgefallen, etwa durch ihren Satz von „alimentierten Messermännern“ im Bundestag und Angriffe auf Ampel-Politiker.
Der bayrische AfD-Vorsitzende Stephan Protschka begrüßte die Entscheidung. „Ich bin davon überzeugt, dass sie die richtige Kandidatin ist“, sagte er der SZ. Nach aktuellen Erhebungen könnte die Rechtsaußen-Partei, die vom Verfassungsschutz im Bund als extremistischer Verdachtsfall beobachtet wird, mit etwa 17 bis 20 Prozent der Stimmen rechnen. Die Kanzlerkandidatur gilt als eher theoretisches Angebot, weil es bisher alle Parteien im Bundestag strickt ablehnen, mit der AfD zusammenzuarbeiten.