Algerien:Im Geflecht der Clique

Mit Bouteflikas Rücktritt verschwindet die Korruption nicht.

Von Paul-Anton Krüger

Mit seinem Rücktritt gibt Algeriens Präsident Abdelaziz Bouteflika endgültig dem Druck nach. Allerdings geht dieser Druck von zwei verschiedenen Kräften mit entgegengesetzten Interessen aus. Zum einen von den Massenprotesten auf den Straßen, denen sich Freitag für Freitag mehr Menschen angeschlossen haben. Zum anderen von der undurchsichtigen Machtclique aus Militär, Geheimdienst, Geschäftsleuten und Parteifunktionären, die seit Jahren de facto das Land beherrscht.

Bouteflikas Rücktritt bietet dieser Elite die Möglichkeit einer legalistischen Lösung der Krise. Binnen einer kurzen Übergangszeit von nur drei Monaten muss ein neuer Präsident gewählt werden. Wahrscheinlich wird es einer, der dem Machtgeflecht und dessen Interessen gewogen ist.

Die Probleme des Landes jedoch werden dadurch nicht behoben, Korruption, Nepotismus und Inkompetenz ebenso wie der Polizeistaat nur überführt in neue Schirmherrschaft. Den Demonstranten geht es längst nicht mehr nur darum, die Figur an der Staatsspitze auszuwechseln. Sie wollen das Regime grundlegend verändern. Sie werden am Freitag wieder mit den Füßen abstimmen, nach Würde und Gerechtigkeit rufen. Wenn sich die Herrschenden, vor allem die Armee, nicht darauf einlassen, stehen Algerien turbulente Zeiten bevor.

© SZ vom 03.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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