Aleppo:Russland kündigt Feuerpause an

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Karte: SZ (Foto: Karte Aleppo)

Die russische Armee will in Aleppo täglich für drei Stunden die Waffen ruhen lassen.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Das russische Verteidigungsministerium hat am Mittwochabend angekündigt, von diesem Donnerstag an in Aleppo täglich für drei Stunden eine Waffenruhe einzurichten. Sie solle jeweils von zehn Uhr morgens an gelten. General Sergeij Rudskoi sagte, alle Kampfhandlungen, ob Luftangriffe oder Artilleriebeschuss, würden eingestellt. Russland und die syrischen Behörden seien bereit, mit allen interessierten Hilfsorganisationen zusammenzuarbeiten, um sicher Hilfsgüter in die Stadt zu bringen. Russland reagiert damit offenkundig auf den steigenden internationalen Druck, nachdem die Vereinten Nationen und andere Organisationen eindringlich gewarnt hatten, dass es ohne eine Feuerpause zu einer neuen Katastrophe für die Menschen in Aleppo kommen könnte.

In dem von Rebellen kontrollierten Ostteil der Stadt sind nach Schätzungen der UN bis zu 300 000 Zivilisten eingeschlossen und weitgehend von jeder Versorgung abgeschnitten. Ihnen gehen die Nahrungsmittel und Treibstoff für die Generatoren aus, die auch die Wasserpumpen versorgen. Regierungstruppen und Söldner schiitischer Milizen aus Libanon und Irak hatten mit Unterstützung der russischen Luftwaffe Anfang Juli den Belagerungsring um die Stadt geschlossen und die einzige Verbindungsroute Richtung türkische Grenze im Norden abgeschnitten. Am Wochenende haben Rebellen und Kämpfer der Jabhat Fateh al-Sham, Nachfolge-Organisation des Al-Qaida-Ablegers Nusra-Front, im Südwesten einen neuen Zugang durch den Stadtteil Ramousah freigekämpft.

Ein sicherer Korridor, über den die 300 000 Menschen versorgt werden könnten, existiert nicht

Am Mittwoch hatten laut der Opposition mehrere Kleintransporter mit Gemüse auf diesem Weg die belagerten Stadtteile erreicht. Ein sicherer Korridor, über den die Versorgung für 300 000 Menschen sichergestellt werden kann, existiert aber weiterhin nicht, auch weil in den angrenzenden Gebieten die schwersten Kämpfe mindestens seit Jahresbeginn toben. Es ist äußerst fraglich, ob jeweils dreistündige Feuerpausen ausreichen, um an der Versorgungskrise etwas zu ändern. Die Vereinten Nationen fordern mindestens 48 Stunden am Stück ( siehe Interview links), auch um Infrastruktureinrichtungen reparieren zu können. Zudem müssen die Wege von Blindgängern, Minen und Schutt geräumt und gesichert werden. Russland hatte zuvor bereits humanitäre Korridore ins Spiel gebracht. Diese wurden, wenn überhaupt, aber nur von wenigen Hundert Menschen genutzt.

© SZ vom 11.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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