Alaska: Senatorin Lisa Murkowski:Triumph einer Totgesagten

Die Republikaner in Alaska wollten Lisa Murkowski nicht mehr als Senatorin, doch die Wähler bestätigten sie im Amt. Der Verlierer war Tea-Party-Kandidat Joe Miller - und mit ihm Sarah Palin.

Reymer Klüver, Washington

Noch ist es nicht offiziell. Noch hat der - republikanische - Gouverneur von Alaska das Ergebnis der Wahl vom 2. November nicht öffentlich bekanntgegeben. Aber seit Mitte vergangener Woche, als alle Stimmen bis auf die letzten tausend ausgezählt worden waren, besteht kein Zweifel mehr: Lisa Murkowski, eine Republikanerin und bisher schon eine der beiden Senatoren von Alaska, wird ihren Heimatstaat auch künftig im fernen Washington vertreten. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Denn Murkowski hat ihre Wahl gegen den Willen der Mehrheit in ihrer Partei durchgesetzt - als sogenannter write-in candidate, als Bewerber, dessen Name nicht auf dem Wahlzettel stand.

Alaska: Senatorin Lisa Murkowski: Wahlkampf auf eigene Rechnung: Lisa Murkowski konnte ihren Senatssitz in einem zähen Kampf gegen Joe Miller verteidigen, der von der erzkonservativen Tea-Party-Bewegung unterstützt wurde. Zuvor hatte sie die parteiinterne Vorwahl gegen Miller verloren und musste daher als parteilose Kandidatin antreten.

Wahlkampf auf eigene Rechnung: Lisa Murkowski konnte ihren Senatssitz in einem zähen Kampf gegen Joe Miller verteidigen, der von der erzkonservativen Tea-Party-Bewegung unterstützt wurde. Zuvor hatte sie die parteiinterne Vorwahl gegen Miller verloren und musste daher als parteilose Kandidatin antreten.

(Foto: AP)

"Wir haben Geschichte gemacht", rief die 53 Jahre alte Murkowski bei einer rasch angesetzten Siegesfeier in Washington, "es ist einfach unglaublich." Tatsächlich hatten ihr den Triumph wenige zugetraut, schon gar nicht in ihrer eigenen Partei. Denn von ihren Senatskollegen und Parteifreunden war sie im Frühsommer als politische Todeskandidatin abgeschrieben worden, nachdem sie ein gewisser Joe Miller in den Vorwahlen besiegt hatte, ein bis dahin selbst in Alaska ziemlich unbekannter Anwalt und Anhänger der neuen Tea-Party-Bewegung.

Doch er hatte es verstanden, die neue Rechte in der Partei zu mobilisieren und Murkowski als Vertreterin einer unrepublikanischen Politik zu karikieren, die auf viel Staat und viel Schulden setzt. Tatsächlich hatte Lisa Murkowski nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie es als eine ihrer wichtigsten Aufgaben ansah, möglichst viel Mittel aus der Washingtoner Bundeskasse in ihren abgelegenen Heimatstaat zu befördern.

Daran nahmen zwar die neuen Aufrechten in ihrer Partei Anstoß, die Mehrheit der Wähler in Alaska tat es nicht. Sie gaben Murkowski ihre Stimme - und nicht Joe Miller, dem offiziellen Kandidaten der Republikaner (der demokratische Kandidat spielte im konservativen Alaska keine große Rolle). Das war gar nicht so einfach, weil sie Murkowskis Namen auf den Wahlzettel schreiben mussten - und das auch noch in der korrekten Schreibweise. Doch das schafften offenkundig genug Leute: Murkowski liegt mit 10.000 Stimmen vorn, und bei nur 8000 haben Millers Anwälte protestiert, weil etwas mit der Rechtschreibung nicht stimmt.

Murkowski hat sich vorgenommen, die Schmach nicht so schnell zu vergessen, die ihr die Tea-Party-Leute zugefügt haben - und die Freunde ihrer Intimfeindin Sarah Palin. Denn Palin hatte den erzkonservativen Joe Miller unterstützt, laut und lustvoll. Doch die Fehde zwischen Palin und Murkowski geht tiefer. Murkowski war 2002 für Alaska in den Senat eingezogen. Damals hatte auch Palin Interesse an dem Job gezeigt. Murkowskis Papa, Frank Murkowski, aber hatte seine Tochter kurzerhand zu seiner Nachfolgerin im Senat ernannt, nachdem er zum Gouverneur seines Heimatstaates gewählt worden war. So etwas geht in Alaska.

"Wählt eine Republikanerin, die Alaska nicht im Stich lässt"

Palin wiederum rächte sich vier Jahre später, als sie in den Vorwahlen gegen Frank Murkowski antrat, ihn besiegte und selbst Gouverneurin wurde. Auch in Murkowskis Wahlkampf gegen Miller schwang die Rivalität mit. Einer von Murkowskis Slogans lautete: "Wählt eine Republikanerin, die Alaska nicht im Stich lässt" - eine unverhüllte Anspielung auf Palin, die nach nur zwei Jahren als Gouverneurin 2009 zurückgetreten war, um als Buchautorin und Fernsehkommentatorin richtig Geld zu verdienen.

Nun ist Murkowski wieder oben auf. In einem Interview mit CBS-Nachrichtenstar Katie Couric ließ sie die Nation wissen, was sie von den offenkundigen Präsidentschaftsambitionen Palins hält. "Ich glaube einfach nicht, dass sie die Führungsqualitäten und die intellektuelle Neugierde besitzt", konstatierte sie kühl.

Auch ihren Senatskollegen Jim DeMint, der in diesem Jahr gezielt Tea-Party-Kandidaten im ganzen Land gefördert hat, watschte sie öffentlich ab: "Einige Republikaner sind der Auffassung, dass er uns die Mehrheit im Senat gekostet hat". Tatsächlich hat DeMint bei den Vorwahlen etwa in Nevada und Delaware geholfen, erzkonservative Tea-Party-Leute als Kandidaten durchzusetzen - was die Republikaner die Mandate in beiden Bundesstaaten gekostet haben dürfte.

Moderatere Kandidaten, so die übereinstimmende Einschätzung der Wahlanalysten, hätten die demokratischen Bewerber angesichts der allgemeinen Stimmung mit Leichtigkeit geschlagen. DeMint hatte auch Murkowskis Gegenkandidaten Miller aggressiv unterstützt. Der hat bisher noch nicht aufgegeben. Er will nun gegen Murkowskis Sieg klagen.

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