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Al-Qaida in Südamerika:Die Kolumbien-Connection

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Hat die Terrororganisation von Osama bin Laden einen Brückenkopf direkt vor der Türe ihres Erzfeindes USA errichtet? Geheimdienstler und Terrorismusexperten glauben, dass die Islamisten sich mit Rebellen wie der kolumbianischen Farc verbündet haben.

Den USA könnte neue Gefahr von Süden her drohen: Terrorismusexperten und Geheimdienstvertretern glauben, dass sich das Al-Qaida-Netzwerk bereits seit geraumer Zeit in mehreren lateinamerikanischen Staaten eingenistet hat.

Die Terrororganisation verfüge damit über Stützpunkte direkt im Vorhof ihres Erzfeindes, den Vereinigten Staaten. Die Geheimdienste fürchteten nun, dass sich Lateinamerika zum "Brückenkopf von Al-Qaida" entwickeln könnte, sagt der kolumbianische Geheimdienstchef Jorge Noguera.

Dabei stütze sich das Terrornetz von Osama bin Laden auf Rebellengruppen wie die Farc in Kolumbien: Er sei sich "sicher über die Existenz einer strategischen Allianz" zwischen ausländischen Extremisten und der kolumbianischen Guerilla.

Treffen in Mexiko

Die Sorge vor einer weiteren Verzweigung des Terrornetzes nach Süd- und Mittelamerika beschäftigte bis Donnerstag Geheimdienstvertreter aus 20 lateinamerikanischen Staaten sowie Spaniens, Portugals und der Karibik in der nordkolumbianischen Stadt Cartagena.

Bei der Tagung berichteten mehrere Agenten von einem Treffen der Al-Qaida in Mexiko, das bereits vor zwei Jahren stattfand, "um Kontakte zu knüpfen".

In Peru würden Anhänger der Organisation in einer Gruppe von 700 Pakistanern an der Grenze zu Chile vermutet. Auch in der Dominikanischen Republik lebten hunderte Menschen aus dem Nahen Osten, von denen einige vermutlich Verbindungen zu Al-Qaida hätten, heißt es von Geheimdienstvertretern.

Biowaffen

Der kolumbianische Geheimdienstchef Noguera sagt, Lateinamerika drohe sich zur Unterstützungsbasis von Gruppen zu entwickeln, die eine terroristische Bedrohung insbesondere für die USA seien.

Diese Gruppen verfügten über "Massenvernichtungswaffen wie Biokampfstoffe".

Der britische Geheimdienstexperte Gordon Thomas ist überzeugt, dass sich Al-Qaida bereits seit zwei Jahren in Lateinamerika breit macht. Die Terrororganisation unterhalte insbesondere Verbindungen zur linksgerichteten Farc-Guerilla in Kolumbien, die sich seit vier Jahrzehnten einen blutigen Bürgerkrieg mit Regierungstruppen und rechtsgerichteten Paramilitärs liefert.

Von einem kolumbianischen Geheimdienstoffizier habe er erfahren, dass erst vor zwei Wochen im kolumbianischen Medellín ein Treffen "terroristischer Gruppen" aus mehreren lateinamerikanischen Staaten mit den Revolutionären Streitkräften Kolumbiens (Farc) stattgefunden habe, sagt Thomas. Noguera weiß davon nichts.

Verbindungen zur IRA

Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass die Farc mit ausländischen Extremisten in Verbindung gebracht wird. Mitglieder der nordirischen Untergrundorganisation IRA sollen zum Beispiel Rebellen der Farc ausgebildet haben.

Die kolumbianische Justiz warf ihnen vor, die Guerillakämpfer bei der Entwicklung "terroristischer Methoden" unterstützt zu haben. Drei mutmaßliche IRA-Angehörige waren im August 2001 festgenommen worden, als sie aus der damals entmilitarisierten Sicherheitszone im Süden des Landes unter Kontrolle der Farc kamen.

Die 1964 gegründete Farc ist mit 17.000 Mann unter Waffen die älteste und größte Rebellenorganisation Kolumbiens. Sie finanziert ihren Guerillakampf gegen die Armee unter anderem mit Entführungen und Geld aus Drogengeschäften.

In ihrer Gewalt befindet sich seit Februar vergangenen Jahres unter anderen die ehemalige kolumbianische Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt.

Einig in den Methoden

Was die Farc etwa mit Islamisten eint, sind der Kampf mit Guerilla- und Terrormethoden sowie der Hass auf die USA, die mehrere Staaten Lateinamerikas im Kampf gegen Drogenhandel und linksgerichtete Rebellengruppen unterstützen.

Offenbar ergibt sich daraus nun eine unheilige Allianz der Extremisten direkt vor den Toren der Vereinigten Staaten, die bereits in anderen Teilen der Welt einen aufreibenden Kampf gegen die Unterstützer von al-Qaida führen.

(sueddeutsche.de/AFP)

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