Al-Qaida droht Deutschland:Terror-Ultimatum verstrichen

Vor zwei Wochen gab es die bislang massivste Terrordrohung gegen Deutschland. Nun ist das Ultimatum abgelaufen - ohne dass etwas passierte. Hat al-Qaida geblufft?

Hans Leyendecker

Vor einigen Tagen reiste August Hanning, Staatssekretär im Bundesinnenministerium, nach Dänemark, um mit Kollegen über Sicherheitsfragen zu sprechen: "Willkommen im Club der besonders bedrohten Länder", wurde er in Kopenhagen begrüßt. Dänemark war wegen des Streits um die Mohammed-Karikaturen schon vor Jahren ins Visier der Terrorholding al-Qaida geraten. Deutsche Sicherheitsleute sind besorgt, weil in den vergangenen Monaten im Internet etliche Drohbotschaften wegen des Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan kursierten.

Al-Qaida droht Deutschland: Kombo des Bonner Islamisten Bekkay Harrach, der sich Abu Talha oder 'Der Deutsche' nennt: Nur geblufft?

Kombo des Bonner Islamisten Bekkay Harrach, der sich Abu Talha oder 'Der Deutsche' nennt: Nur geblufft?

(Foto: Foto: dpa)

Die bislang massivste Drohung wurde am 18. September sichergestellt. Sie enthielt ein Ultimatum, das neun Tage später beginnen sollte. Der aus Bonn stammende Deutsch-Marokkaner Bekkay Harrach drohte mit einem Anschlag "in den zwei Wochen nach den Wahlen", falls die Regierung nicht die deutschen Truppen aus Afghanistan abziehe. Erstmals hatte eine solche Äußerung einen konkreten Zeitrahmen.

In den Diskussionen über die Ernsthaftigkeit der Drohungen hatten Fachleute erklärt, al-Qaida erleide einen Gesichtsverlust, wenn nichts passiere. "Es ist schwer vorstellbar, dass al-Qaida eine solche Drohung ausstößt, ohne dass eine Zelle bereits konkret in den Vorbereitungen für einen Anschlag steckt", meinte Terrorexperte Guido Steinberg von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik.

Andere Fachleute hingegen, wie der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, wiesen darauf hin, dass das Terrornetzwerk verschiedentlich Ankündigungen gemacht habe, denen kein Anschlag gefolgt sei.

Probleme, Gotteskrieger zu rekrutieren?

Seit den Anschlägen in Madrid und London 2004 und 2005 haben die islamistischen Terroristen keinen Anschlag mehr in Europa verübt. Vieles deutet darauf hin, dass die Terrororganisation nicht mehr so stark wie früher ist und mittlerweile Probleme hat, Gotteskrieger zu rekrutieren. In Deutschland ist das Netzwerk der potentiellen Dschihadisten bis in die kleineren Knoten den Behörden bekannt.

Möglicherweise also war das Video vom 18. September nur von oben verordnete Stimmungsmache. Am 24. September wurde Harrachs Drohung gegen Deutschland durch eine Verlautbarung des Bin-Laden-Vizes Aiman al-Zawahiri bekräftigt, und einen Tag später forderte bin Laden in einer mit seinem Standbild versehenen Botschaft den Rückzug der Europäer aus Afghanistan; andernfalls würden die Dschihadisten losschlagen.

Als Antwort auf die vielen Drohungen haben die deutschen Sicherheitsbehörden in den vergangenen Wochen versucht, den Druck auf die islamistische Szene zu verstärken. Durchsuchungen gab es reichlich, auch ein paar Festnahmen. Das Ultimatum in Sachen Afghanistan spielte bei und nach der Wahl keine Rolle.

Folglich hat al-Qaida ein Ziel verfehlt. Die Gefahr sei damit aber nicht vorbei, erklärte einer der dänischen Gesprächspartner dem deutschen Innenstaatssekretär Hanning. Diese Terroristen hätten Geduld, und Zeit spiele bei ihnen keine Rolle.

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