AKW-Laufzeitverlängerung:Beim Atom ist heut' Auktion

Kanzlerin Merkel hält zehn bis 15 Jahre für vernünftig. Wirtschaftsminister Brüderle spricht von bis zu 18 Jahren. Doch mit jedem Jahr Laufzeitverlängerung wächst die Wahrscheinlichkeit, dass der Bundesrat zustimmen muss.

Nico Fried

Ein wenig geht es zu wie auf einer Versteigerung: Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Vize Guido Westerwelle halten Laufzeitverlängerungen von zehn bis 15 Jahren für vernünftig. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle meint, die Atomkraftwerke müssten mindestens zwölf bis 18 Jahre länger am Netz bleiben als bisher vereinbart. Wer bietet mehr?

Eigentlich müsste der Wettbewerb in die andere Richtung gehen. Denn was immer die Freunde der Atomkraft nun aus den Berechnungen von Experten herauslesen wollen: Die politischen Wünsche kollidieren mit der politischen Wirklichkeit. Mit jedem Jahr Laufzeitverlängerung wächst die Wahrscheinlichkeit, dass der Bundesrat zustimmen muss.

Und in der Länderkammer hat die schwarz-gelbe Koalition nicht nur keine Mehrheit mehr für sich, sie hat womöglich sogar eine Mehrheit gegen sich, an der renitente Christdemokraten in manchen Landeshauptstädten beteiligt sind.

Die Kanzlerin macht gar kein Hehl daraus, dass die Laufzeit ohne die Zustimmung des Bundesrates verlängert werden muss. Wenn das aber so ist, dann ist es auch eine Mär, dass die Bundesregierung die künftige Energieversorgung ausschließlich an Kriterien der Wirtschaftlichkeit, der Umweltverträglichkeit und der Sicherheit ausrichtet.

Ein mindestens ebenso wichtiges Kriterium wird die politische Durchsetzbarkeit sein, die sich maßgeblich an den rechtlichen Hürden bemisst. Deshalb sind derzeit nur zwei Voraussagen absolut sicher: Die Laufzeiten der Kernkraftwerke enden da, wo der Bundesrat sie bestätigen muss. Und der Streit um die Laufzeitverlängerungen endet da, wo er eigentlich am wenigsten hingehört: vor dem Bundesverfassungsgericht.

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