Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Werkvertrag

Nicht nur, aber besonders die Fleischindustrie nutzt dieses Arbeitsverhältnis. Es spart ihr Kosten und Verantwortung.

Von Elisabeth Dostert

Wenn ein Unternehmen eine Arbeit nicht von den angestellten Beschäftigten erledigen lassen will, beauftragt es einzelne Personen oder Firmen, das "Werk" zu erledigen. Sie schließen einen Werkvertrag nach Paragraf 631 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Es gibt gute Gründe für Werkverträge. Zum Beispiel, wenn in der Belegschaft niemand diese Arbeit beherrscht und sie so selten anfällt, dass es sich nicht lohnt, jemanden einzustellen. Und es gibt schlechte Gründe, etwa um Tarif- und Mitbestimmungsrechte auszuhebeln. Niemand weiß genau, wie viele Werkvertragsarbeitnehmer in Deutschland arbeiten. Sie sind in vielen Branchen unterwegs - in Autofabriken und Krankenhäusern oder für Paketdienste. Die Fleischwirtschaft nutzt das Modell weidlich, nicht nur die Firma Tönnies, auch Konkurrenten wie Danish Crown, Müller Fleisch, Vion oder Westfleisch. Das Werk besteht beispielsweise darin, pro Tag 10 000 Schweine zu schlachten und zu zerlegen. Wie und mit wie vielen Menschen das Subunternehmen das macht, ist dem Auftraggeber egal. Und billiger, als die Menschen einzustellen, ist es auch. Werden sie nicht mehr gebraucht, läuft der Vertrag einfach aus. Werkaufträge sind Sachkosten, keine Personalkosten. Die Kündigung eines Mitarbeiters wäre deutlich komplizierter und teurer.

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Quelle:
SZ vom 20.06.2020
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