Aktuelles Lexikon:Wehrpflicht

In Deutschland ist sie nicht abgeschafft, aber derzeit ausgesetzt.

Von Jan Bielicki

In Deutschland herrscht Wehrpflicht. Das mag überraschend klingen angesichts der hochsommerlichen Debatte, welche die neue Wehrbeauftragte Eva Högl zur möglichen Wiedereinführung der Wehrpflicht angestoßen hat. Aber der erste Paragraf des gültigen Wehrpflichtgesetzes bestimmt eindeutig: "Wehrpflichtig sind alle Männer vom vollendeten 18. Lebensjahr an, die Deutsche im Sinne des Grundgesetzes sind ..." Schon Paragraf 2 schränkt aber seit 2011 ein, dass der Rest dieses Gesetzes, der regelt, wie sich diese Pflicht in konkretem Wehrdienst niederschlägt, nur im Spannungs- und Verteidigungsfall gilt. In Friedenszeiten wird seither niemand mehr einberufen; die Wehrpflicht ist zwar nicht abgeschafft, jedoch ausgesetzt. Tradition hat sie: Schon in Roms Republik oder in mittelalterlichen Städten war es Bürgerpflicht, zur Verteidigung des Gemeinwesens auf die Stadtmauern zu eilen. Die vor allem aus Wehrpflichtigen bestehenden Massenheere der Moderne gehen auf die französischen Revolutionäre zurück, die 1793 alle wehrfähigen Bürger zur Verteidigung der Republik verpflichteten. Diesem Modell folgten bald auch deutsche Staaten. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg rief die Bundesrepublik 1956 (die DDR 1962) junge Männer wieder zum Pflichtwehrdienst - die letzten am 3. Januar 2011.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: