Aktuelles Lexikon:Wahrheitsserum

Wie bekommt man einen mutmaßlichen Delinquenten dazu, ein Geständnis abzuliefern? Die USA rehabilitierten nach den Anschlägen vom 11. September 2001 offenbar Methoden der "Operation Artischocke".

Von Karin Janker

Substanzen, die einem Verhörten ein Geständnis entlocken sollen, werden seit Mitte des 19. Jahrhunderts erprobt. Geheimdienste experimentierten mit "Plauderdrogen" wie Meskalin, LSD, Opiaten, Barbituraten und nicht zuletzt Alkohol. "In vino veritas" hieß es schließlich schon 600 vor Christus beim griechischen Dichter Alkaios von Lesbos. Auch in anderen Kulturen, etwa der chinesischen oder der persischen, sind Sprichwörter über die wahrheitsfördernde Wirkung des Alkohols tradiert. Dabei hat Alkohol ähnlich wie andere "Wahrheitsseren" vor allem enthemmende Wirkung: Er macht gesprächig. Was aber dann herausquillt aus dem mutmaßlichen Delinquenten, muss keineswegs der Wahrheit entsprechen. In der deutschen Strafverfahrensordnung ist der Einsatz eines Wahrheitsserums verboten. In den USA aber wurden nach den Anschlägen vom 11. September 2001 Verhörmethoden rehabilitiert, die von der CIA in den 1950er-Jahren im Rahmen der Operation Artischocke erforscht wurden. CIA-Psychiater versuchten, wie nun bekannt wurde, Terrorverdächtigen mit psychoaktiven Medikamenten Geständnisse abzupressen. Sie erhofften sich die Wahrheit, bedachten aber offenbar nicht, was Nietzsche schon 1873 schrieb: "Wahrheiten sind Illusionen, von denen man vergessen hat, dass sie welche sind."

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