Aktuelles Lexikon:Tag der Toten

Allerheiligen wird in aller Stille begangen - nicht so der Día de Muertos, wenn die Toten die Lebenden besuchen.

Von Karin Janker

Während in Mitteleuropa an Allerheiligen in aller Stille der Verstorbenen gedacht wird, feiert man in Mexiko laut und bunt den Tag der Toten. Der Día de Muertos ist einer der wichtigsten Feiertage dort und immaterielles Unesco-Kulturerbe der Menschheit. Über das Verhältnis seiner Landsleute zum Tod schrieb Nobelpreisträger Octavio Paz: "Für einen Pariser, New Yorker oder Londoner ist der Tod ein Wort, das man vermeidet, weil es die Lippen verbrennt. Der Mexikaner dagegen sucht, streichelt, foppt, feiert ihn, schläft mit ihm." Im Spanischen ist "la muerte" weiblich; die elegante Skelettdame La Catrina ist die bekannteste Kultfigur am Tag der Toten. Die farbenfrohen Feste auf Mexikos Friedhöfen sind, ähnlich dem Christbaum an Weihnachten, synkretistische Rituale, in denen sich katholische und vorchristliche Bräuche vermischen: Dem Volksglauben nach besuchen die Toten am Ende der Erntezeit die Lebenden. Diese stellen nicht nur Blumen neben die Bilder ihrer Verstorbenen, sondern auch deren Lieblingsgerichte. Aber so wie vieles von dem, was Mexikaner essen, heute aus den USA kommt und hochkalorisch ist, droht der Norden mittlerweile auch den mexikanischen Totenkult zu korrumpieren. Halloween hat zwar mit Skeletten zu tun, aber wenig mit dem speziellen Verhältnis der Mexikaner zum Tod.

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