Aktuelles Lexikon:Springprozession

Den heiligen Willibrord ehren die Pilger bis heute hüpfend.

Von Matthias Drobinski

Willibrord aus Angelsachsen, unermüdlicher Missionar der Friesen, starb im Jahr 739, und bald begannen die bekehrten Christen, zu seinem Grab in Echternach im heutigen Luxemburg zu pilgern. Um 1000 herum schrieb Abt Berno von Reichenau, man solle "magno tripudio" den Heiligen ehren. Heißt das, wörtlich übersetzt, mit einem großen Dreisprung? Oder doch, im übertragenen Sinn, mit großer Freude? Bis heute ist nicht geklärt, wie die Tradition entstand, springend zu Willibrord zu pilgern. Vielleicht geht sie auf ein heidnisches Ritual zurück; entsprechend misstrauisch beäugten geistliche und weltliche Autoritäten die Springprozession. Doch weder der Bischof von Trier im 17. noch König Wilhelm I. im 19. Jahrhundert konnten den Echternachern das Springen am Pfingstdienstag austreiben, das heute der Unesco als immaterielles Kulturgut gilt; nur unter deutscher Besatzung war es ab 1940 verboten. Die Echternacher Pilger springen übrigens nach vorne. Zwei vor, einen zurück; drei vor, zwei zurück - das war nie Sitte. Seit 1947 ist es wegen der Unfallgefahr unerwünscht. Die Pilger stehen in Fünferreihen und halten jeweils den Zipfel eines weißen Tuchs. Musikanten spielen eine langsame Polka und geben den Rhythmus vor. Inzwischen springt unter den 10 000 Pilgern auch der Bischof mit.

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