Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Sardine

Warum sich eine Bewegung in Italien mit dem Fisch vergleicht.

Von Sebastian Schoepp

Die Sardine ist ein kleiner Fisch aus der Familie der Heringe. Sie kann bis zu 27 Zentimeter groß werden, aber auf dem Teller findet man sie meist in kleinerer Form, gerne gegrillt oder frittiert. In den Mittelmeerländern gehört sie zu den beliebtesten Speisefischen, was auch damit zu tun hat, dass Fischer vielerorts kaum mehr andere Arten aus dem leergefangenen Wasser ziehen. Klein, aber flink und in großen Schwärmen durchaus machtvoll, so will auch die politische Bewegung der Sardinen sein. Am Wochenende hat sie die Piazza di San Giovanni in Rom gefüllt, und wenn sie demonstrieren, fühlen sich die jungen Leute wie die eng gepressten Sardinen in der Dose. Es gibt die Bewegung erst etwas mehr als einen Monat, doch sie hat sich bereits zur tragenden Größe des Protestes gegen die Rechtspopulisten und ihren Anführer Matteo Salvini formiert. Die Mobilisierung funktioniert über soziale Netzwerke, drei Bedingungen gelten: keine beleidigenden Chöre, keine Parteien, keine Symbole. Außer eben Sardinen. Salvini stellt ihnen als Symbol keine Haie gegenüber, sondern Kätzchen, weil die ja auch gerne Fischlein fräßen, wie er mal getwittert hat. Doch die Sardinen sind nicht umsonst eine der wenigen Arten, die die Gefräßigkeit anderer und die Überfischung bisher überlebt haben - durch Wendigkeit und Schnelligkeit.

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Quelle:
SZ vom 16.12.2019
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