Aktuelles Lexikon:Morphing

Wenn ein Passbild mehrere Identitäten enthält.

Von Jannis Brühl

Jeder muss mit seinem Gesicht leben - zumindest wenn er nicht groß in plastische Chirurgie investieren will. Das Unveränderliche des menschlichen Gesichts - Augenabstand, Wangenknochen, Nase - machen sich Staat und Unternehmen zunutze: An Grenzen und anderen Sicherheitsschleusen hängen Kameras, die Menschen anhand ihrer Gesichter erkennen können. Passt das Bild auf dem Ausweis zur Person, die Einlass begehrt, geht die Schranke auf. Doch das System hat eine Schwachstelle: Morphing. Darunter verstehen Biometrie-Experten die Verschmelzung zweier nur vage ähnlicher Gesichtsfotos zu einem neuen Bild. Ein gemorphtes Passbild kann mehrere Identitäten enthalten - und von allen Menschen genutzt werden, deren Gesichter vermischt wurden. Die Gesichtserkennung schlägt dann auch bei der Person an, auf die der Pass gar nicht ausgestellt ist. Das menschliche Auge ist praktisch nicht fähig, ein gut gemorphtes Foto als solches zu erkennen. Damit Menschen Überwachungssysteme nicht austricksen können, plant das Bundesinnenministerium, Passfotos nur noch von Ämtern selbst aufnehmen zu lassen. So soll niemand manipulierte Bilder einreichen können. Ein Aufschrei kommt von den Inhabern von Fotostudios. Sie fürchten um ihr Geschäft mit Passfotos.

© SZ vom 09.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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