Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Modem

Sein Klang verkündete einst: Hier geht jemand ins Internet. Heute ist es stumm - aber immer noch sehr wertvoll.

Von Jannis Brühl

Ein Blick in die Charts der Jahrtausendwende verrät, dass die Menschen damals Lieder namens "Maschendrahtzaun", "Anton aus Tirol" und "Es ist geil, ein Arschloch zu sein" hörten. Der wahre Sound der Zeit aber war: Düpdüpdüpdüp-Fiep-Fiep-Fiep-Fop-Fop-Fiep-Ploing-Ploing. Und dann Rauschen. Auf vielen Schreibtischen standen Modems, die akustische Signale in die Telefonleitungen schickten, um eine Datenverbindung herzustellen. Ihr Klang kündigte an: Hier geht jemand ins Internet. Modems - das Wort steht für "Modulator-Demodulator" - sind heute noch verbreiteter als damals, nun in Form kleiner Chips, die in Smartphones verbaut werden. Sie verbinden die Geräte drahtlos mit dem mobilen Internet. Dabei klingen sie nicht mehr, als würde ein elektronischer Esel stranguliert; sie machen keinen Mucks. Nun hat Apple eine Milliarde Dollar für einen Teil von Intels Sparte für diese Mini-Modems gezahlt. Sie sollen iPhones in Zukunft ins superschnelle 5G-Netz hängen. Dahinter steckt die Tim-Cook-Doktrin, benannt nach dem Konzernchef: Apple soll die Herstellung aller essenziellen Bauteile für seine Geräte kontrollieren. Der Einwählton der alten Modems wurde mittlerweile ins "Museum der gefährdeten Klänge" aufgenommen - das es natürlich nur im Internet gibt.

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Quelle:
SZ vom 27.07.2019
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