Aktuelles Lexikon:Königsmacher

Spieltheorie und Politik kennen diese mitunter wendige Figur.

Von Stefan Ulrich

In diesen Wochen, da einige Spitzenämter in der Politik zu vergeben sind, tauchen sie geradezu inflationär auf: die Königsmacher. So wird Hubert Aiwanger als Königsmacher in Bayern bezeichnet, Armin Laschet und Wolfgang Schäuble gelten als Königsmacher im Kampf um den CDU-Vorsitz, während sich in Hessen die Grünen und die FDP gern als Königsmacher des nächsten Ministerpräsidenten sehen. Die Rolle wird treffend in der Spieltheorie beschrieben: Demnach ist ein Königsmacher ein Spieler, der nicht stark genug ist, selbst zu gewinnen, aber ausreichend stark, um zu entscheiden, wer von den anderen Sieger wird. Solche Figuren kann es in der Wirtschaft, im Sport oder in der Politik geben, es können einzelne Menschen, Lobbygruppen oder Parteien sein. Als Archetyp des Kingmaker gilt Richard Neville, der 16. Earl of Warwick. Er war im 15. Jahrhundert, zur Zeit der Rosenkriege in England zwischen den Häusern York und Lancaster so mächtig, dass er Heinrich VI. als König absetzen und Eduard IV. einsetzen konnte, um später Eduard IV. wieder zu stürzen und Heinrich VI. zurückzuholen. Der wendigste Kingmaker aber war wohl der französische Politiker Joseph Fouché. Er wirkte während der Revolution, unter Napoleon und während der Restauration als Königsmacher. Am Ende traute ihm keiner mehr - und er starb im Exil.

© SZ vom 08.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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